Buchautor und Vorstandschef Gerald B. Hörhan von Pallas Capital über Weicheier, die Karriere machen, über das nervende Zwanzig-Augenprinzip und warum er im Jobinterview manchmal sein Laptop zückt.
Gerald B. Hörhan, Jahrgang 1975, hat in Harvard Betriebswirtschaft und angewandte Mathematik studiert. Der Österreicher Hörhan arbeitete jeweils für rund zwölf Monate als Investmentbanker bei J.P. Morgan in New York und als Consultant für McKinsey in Frankfurt. Heute ist er Gesellschafter und Vorstand der Pallas Capital Holding AG mit Sitz in Wien. Eines seiner Bücher heißt „Null-Bock-Komplott. Warum immer die Weicheier Karriere machen und wie ihr es trotzdem schafft.“
In den letzten Jahren hat der Staat die Freiheit seiner Bürger und die Freiheit der Wirtschaft mit einer Welle an sinnlosen Vorschriften eingeschränkt. Erfolgreiche Menschen sind meist gut im Erreichen von Zielen, aber schlecht in der Befolgung von sinnlosen Regeln. Weicheier sind gut darin, Regeln anderer Leute zu befolgen und geübt im Arschkriechen, aber schlecht darin, Entscheidungen zu treffen und Ziele zu erreichen. Wenn der Fokus nicht mehr Wirtschaftswachstum oder Freiheit heißt, sondern Regelbefolgung, dann ist klar, dass Weicheier gewinnen und Leistungsträger verlieren.
Dafür muss man sich aber klare Ziele setzen und die eiserne Disziplin haben, diese Ziele umzusetzen. Die meisten Leute haben keine Ziele und nehmen einen Job, weil sie glauben, dass er cool ist, weil es die anderen auch machen oder weil sie gehört haben, dass man dort viel Geld verdienen kann. Wer so denkt, ist in der harten Finanzwelt fehl am Platz.
Kurz gesagt: mehr Regulierung, mehr Bürokratie, weniger Handlungsspielraum für Mitarbeiter, weniger attraktive Bonusstrukturen und der Fokus auf Themen wie Risiko und Kostenreduzierungen. Das ungezügelte High Life in der Branche ist erst einmal vorbei.
Einsteiger müssen sich auf ein härteres Umfeld vorbereiten, viel Geduld für lange Entscheidungsprozesse aufbringen können und sich auf magerere Jahre in der Finanzwelt einstellen – auch wenn mager im Vergleich zu anderen Branchen noch immer üppig scheinen mag. Wer mit Geld zu tun hat, tut sich grundsätzlich leichter damit, Geld zu verdienen. Es sollten aber nur Leute in die Finanzwelt gehen, die sich wirklich dafür interessieren. Für Leute mit ausschließlichem Interesse an Geld gibt es bei Start-ups oder in der IT-Branche mittlerweile attraktivere Chancen.
Es gibt viel mehr und sich teilweise widersprechende Regeln, die niemand mehr so richtig versteht. Das rechtliche Risiko, auch als Angestellter in der Finanzbranche, ist deutlich gewachsen. Entscheidungen werden mehr und mehr durch Komitees getroffen und es gilt immer mehr das Vier-, Sechs-, Acht-, Zehn-, Zwanzig-Augenprinzip. Dadurch dauern Entscheidungen viel länger. Zwar kann man noch ordentlich Geld verdienen, aber die Chancen als Angestellter in kurzer Zeit Millionär zu werden, sind drastisch gesunken.
Am Anfang der Karriere müssen Einsteiger das Handwerk lernen. Das ist in jedem Job dasselbe, egal, ob als Bäcker, Immobilienentwickler, Investmentbanker oder Politiker. Ein Weg dahin ist sicher, bei den großen Institutionen zu lernen – mit dem Vorteil, dass man einen anerkannten Namen im Lebenslauf hat, und dem Nachteil, dass man möglicherweise drei Jahre Scheißarbeit macht. Bei einer kleinen Boutique lernt man am Anfang sicher mehr, hat aber weniger Brand Recognition. Mein Eindruck ist, dass die Attraktivität der großen Häuser wegen der vielen Regeln und der Beschränkungen bei der Mitarbeitervergütung abnimmt, und dass es sinnvoller sein kann, bei einem kleinen Haus direkt von einem Profi das Geschäft zu lernen.
Relevante Arbeitserfahrung während des Studiums und internationale Erfahrung sind auf jeden Fall notwendig, um einen guten Job zu bekommen. Ein Student, der zwar super Noten, aber nie gearbeitet hat, würde bei mir nicht einmal bei einem Assistenten ein Interview bekommen. Wenn man einen Job als Bewerber auswählt, sollte man vor allem darauf achten, ob das Unternehmen ein Bürokratenparadies ist oder ob es innovativ geführt und in Zukunft wachsen wird. Man sollte einen Arbeitgeber ähnlich analysieren wie eine Aktie. Und ebenso wichtig ist es, nicht als Sachbearbeiter Nummer 4.444 einzusteigen, sondern als Assistent eines Profis, von dem man das Handwerk lernen kann.
Mit Handschlagqualität, Loyalität, Fokus, mit einer ordentlichen Arbeitseinstellung – Menschen also, die Mut haben und etwas erreichen wollen. Mich beeindruckt, wenn sich jemand aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet hat. Wenn aber ein arroganter Schnösel im Anzug glaubt, dass er Forderungen stellen kann, fliegt er hochkantig hinaus. Außerdem erwarte ich, dass Bewerber vorbereitet sind. Ich hatte zum Beispiel Kandidaten, die nicht einmal wussten, was mein Unternehmen macht. Wie peinlich für sie. Und wenn man etwas behauptet, muss man auch damit rechnen, dass man das zeigen muss. Erzählt mir jemand, dass er perfekt Excel kann, gebe ich ihm mein Notebook und bitte ihn, ein Finanzmodell zu bauen. 80 Prozent der Kandidaten scheitern an solch simplen Dingen.
Ich frage die Bewerber meist nach ihren Schwächen und welche Arbeit sie nicht machen wollen oder nicht gut können. Meist bekomme ich keine klare Antwort darauf. Meine Antwort darauf ist dann, dass ich viele Schwächen habe, und dass ich wohl für den Bewerber ohne Schwächen arbeiten müsste, und der Bewerber wohl kein Problem haben dürfte, meine siebenstellige Gage und meinen Aston Martin als Dienstwagen zu bezahlen. Erfolgreiche Menschen kennen ihre Stärken und Schwächen.
Neben dem Studium schon in relevanten Bereichen arbeiten. Auf eine ordentliche Arbeitseinstellung achten – Finance ist nichts für Faulpelze. Logisches Denken und Rechnen sollten Bewerber auch können. Und man sollte nicht nur wegen des Geldes in die Finanzwelt gehen. Der Job muss Spaß machen, sonst wird man langfristig keinen Erfolg haben.
Klare Ziele, harte Arbeit, Disziplin, sorgsamer Umgang mit finanziellen Ressourcen, Handschlagqualität, also das tun was man sagt und Beteiligung von Mitarbeitern am Unternehmenserfolg. Das war’s.