Ein LL.M. verspricht wertvolle Zusatzqualifikationen, die vor allem bei international agierenden Unternehmen und Kanzleien gefragt sind. Die LL.M.-Experten Ksenija Razum und Benjamin Kastner über den über den richtigen Zeitpunkt für das Weiterbildungsstudium.
Wann der optimale Moment für ein LL.M.-Studium gekommen ist, hängt von der individuellen Karriereplanung, den eigenen beruflichen Zielen und natürlich auch den persönlichen Lebensumständen ab. Zulassungsvoraussetzung ist in jedem Fall ein erster akademischer Abschluss. Grundsätzlich bietet es sich für Juristen an, das LL.M.-Studium direkt nach dem ersten juristischen Staatsexamen zu absolvieren. Die während des LL.M.-Studiums erworbenen Zusatzqualifikationen können dann den Einstieg in das Wunscharbeitsgebiet erleichtern.
Aber auch das Referendariat lässt sich mit einem berufsbegleitenden LL.M.-Studiengang gut kombinieren. Hier eignen sich vor allem Programme, die es erlauben, Beruf und Studium zu verbinden – etwa in Form von Teilzeitstudiengängen mit Wochenend- oder Abendkursen. Bei diesen Formaten gehört zusätzlich zum ersten akademischen Abschluss in der Regel eine einjährige Berufserfahrung zu den Zulassungsvoraussetzungen. Berufsbegleitende LL.M.-Studienprogramme beginnen in der Regel im Wintersemester, Vollzeit-LL.M.-Programme werden im Sommer- und Wintersemester angeboten.
Andererseits kann es durchaus Sinn machen, nach dem ersten akademischen Abschluss zunächst fundierte Berufserfahrung zu sammeln und ein Aufbaustudium danach einzuplanen. Denn berufserfahrene Absolventen haben oft mehr Sicherheit in Bezug auf ihre beruflichen und privaten Ziele und können die Entscheidung für ein LL.M.-Studium reflektierter treffen: Will man eher eine General-Management oder eine Spezialisten-Laufbahn einschlagen? Kommt ein Auslandsstudium infrage, um zusätzlich neue Fremdsprachenkenntnisse zu erwerben oder bestehende zu verbessern? Vielleicht bietet sich auch eine Elternzeit an, um ein LL.M.-Studium zu absolvieren?
Vor allem berufsbegleitende LL.M.-Programme konzentrieren sich auf Rechtsgebiete in der Praxis von Unternehmen oder Kanzleien. Hinzu kommt: Um einen inspirierenden Austausch unter den Studierenden zu ermöglichen, ist es essentiell, dass alle Teilnehmer über eine gewisse Berufserfahrung verfügen. Nur so können sie wirklich voneinander lernen. Häufig werden die Teilnehmer solcher Aufbaustudienprogramme von ihren Arbeitgebern gefördert und sollen zukünftig Führungspositionen übernehmen oder als Top-Spezialist ein neues Geschäftsfeld entwickeln. In diesem Fall ergibt sich der richtige Zeitpunkt für ein Aufbaustudium erst, nachdem die nächsten Karriereschritte feststehen. Sicherlich ist dann auch die Frage der Studienfinanzierung leichter zu beantworten und besser zu planen.
Benjamin Kastner, LL.M.-Experte vom Verband deutscher Anwälte, empfiehlt die Aufnahme des Studiums nach dem ersten Staatsexamen: "Viele Juristen möchten sich nach der anstrengenden Vorbereitungszeit auf das erste Staatsexamen im Anschluss eine gewisse Auszeit und etwas Erholung (im Ausland) gönnen. Im Gegensatz zur knapp bemessenen Zeit während des Referendariats lässt sich ein LL.M. während des Studiums zudem besser planen. Darüber hinaus sind die meisten Juristen nach dem ersten Staatsexamen auch noch 'abenteuerlustiger', was den Gang ins Ausland betrifft. Viele Referendare, die einen LL.M. nach dem zweiten Staatsexamen ins Auge gefasst haben, nehmen von diesem Vorhaben häufig wieder Abstand, da sie oft während des Referendariats ihren ersten Arbeitgeber kennenlernen und das erste Jobangebot dann für viele oftmals verlockender ist als nochmal die "Universitätsbank" zu drücken. Nicht zu vergessen ist, dass viele Juristen nach dem zweiten Staatsexamen wegen der anderweitigen Studienstruktur der LL.M.-Teilnehmer aus anderen Ländern den häufig dadurch bedingten Altersunterschied als unangenehm empfinden.
Für eine Programmaufnahme nach dem zweiten Staatsexamen spricht, dass die Bewerber dann einen kompletten Überblick über das deutsche Rechtssystem haben und somit eine noch bessere Vorstellung, auf welches Rechtsgebiet sie sich spezialisieren möchten. Ein wichtiger Punkt, der nicht zu vernachlässigen ist: Das Wissen aus dem ersten Staatsexamen, das auch im zweiten Staatsexamen abgeprüft wird, ist bei Referendariatsbeginn noch präsenter."
Unsere LL.M.-Experten: Ksenija Razum ist Programm-Direktorin an der Frankfurt School of Finance & Management, die u.a. einen LL.M. in Mergers & Acquisition im Programm hat. Benjamin Kastner leitet den Fachausschuss zum Thema Masterprogramme beim Verband deutscher Anwälte (VDA).