Bewerbertag: Testlauf für Talente

Auf der Suche nach dem Top-Nachwuchs greifen viele Großkanzleien tief in die Tasche, bieten spannende Einblicke und prüfen die Kandidaten ganz nebenbei auf Herz und Nieren.

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Personelle Fehlentscheidungen können teuer werden – das wissen auch die Großkanzleien, die weiter auf der Suche nach den Besten der Besten sind. Dass bei der Rekrutierung der Top-Nachwuchsjuristen eine Stellenanzeige in Tageszeitungen oder der Fachpresse schon lange nicht mehr reicht, haben inzwischen die meisten Großkanzleien erkannt. Um ihren künftigen Kollegen auf den Zahn zu fühlen und die vielversprechenden Talente gleichzeitig zu fördern, lassen sie sich einiges einfallen. Einblick in die Wirklichkeit Workshop und Mentoring heißen die Zauberworte, die Bewerbern gleich mehrere Dinge auf einmal bieten: spannende Einblicke in die Wirklichkeit des Anwaltsberufs, die Gelegenheit etwas zu lernen und das eigene Können unter Beweis zu stellen. Das alles eingebettet in ein unterhaltsames Rahmenprogramm. Zu einem Workshop müssen die Teilnehmer lediglich einen bis zwei Tage Zeit mitbringen. Diesen Blick hinter die Kulissen sollten sie nutzen, um die Kanzlei von allen Seiten zu entdecken: ihre Kultur, die Art zu denken, das Verständnis von Teamarbeit, den Anspruch und die Qualitäten als Arbeitgeber.

Erst die Arbeit...

„Bewerbertag Arbeitsrecht“, „Steuerrechts-Workshop“ oder „Kreativ im Recht“ sind nur einige Arbeitstitel der Workshops, die Kanzleien anbieten. Wer sich hier bewirbt, kommt nicht zum Däumchendrehen, sondern kann viel Praxiserfahrung sammeln und zeigen, was in ihm steckt. Meist sind die Recruitung-Events in zwei Blöcke aufgeteilt. Zunächst werden die Teilnehmer theoretisch in das jeweilige Thema eingeführt. Anwälte aus verschiedenen Rechtsgebieten geben dabei Einblick in ihre Arbeit. Nebenbei lernen die künftigen Anwälte ihre potenziellen Kollegen und Partner kennen. Nach dem Theorieteil schlüpfen die Nachwuchsjuristen in die Rolle eines Anwalts: Im Team lösen sie praxisorientierte Fallstudien und simulieren Verhandlungssituationen – Tipps und Feedback bekommen sie von den erfahrenen Kollegen. „Dabei geht es darum, unter simulierten Bedingungen mit Kreativität und guter Argumentation ein optimales Ergebnis für den Mandanten zu erzielen“, erklärt Dr. Doris-Maria Schuster, personalverantwortliche Partnerin bei Gleiss Lutz.

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...dann das Vergnügen

Nach dem Motto: Wer arbeitet, darf auch feiern, denken sich die Kanzleien zum Ausklang des Workshops meist ein unterhaltsames Rahmenprogramm aus. Ob beim Sektempfang, einem Ausstellungsbesuch, Kochkurs oder einer Weinprobe – in ungezwungener Atmosphäre können die Teilnehmer hier mit den Anwälten ins Gespräch kommen und dabei noch intensivere Einblicke in den Berufsalltag gewinnen. Doch Vorsicht: Auch wenn es hier zwanglos zugeht, heißt das dennoch nicht, dass man nebenbei nicht auch genau beobachtet wird. Daher gilt: Man sollte so authentisch wie möglich bleiben, denn nur ein realistischer Eindruck hilft beiden Seiten.

Wer sollte sich bewerben?

Die Zielgruppe der meisten Workshops sind fortgeschrittene Jurastudenten, Referendare oder Berufseinsteiger mit hervorragenden Studienleistungen oder mindestens vollbefriedigendem Examen. Auch sehr gute Englischkenntnisse sind gerne gesehen. Die Teilnehmerzahl ist meist begrenzt und die Auslese ist gründlich. Ähnlich wie bei einer Stellenausschreibung werden die üblichen Bewerbungsunterlagen wie Anschreiben, Werdegang und Zeugnisse erwartet. Die Kanzleien sehen es außerdem gerne, wenn die Bewerber kurz beschreiben, wieso sie die Kanzlei kennenlernen möchten. Um die vielversprechenden Jung-Juristen intensiv kennenzulernen, scheuen die Anwaltsbüros keine Kosten und Mühen: Neben der Rundumbetreuung werden meist auch die Kosten für Übernachtung und Anreise übernommen.

An die Hand genommen

Einen Schritt weiter gehen Mentoring-Programme, die viele Kanzleien inzwischen ebenfalls als Instrument für ihre Personalentwicklung einsetzen. Dabei geht es nicht um kurze Kennlern-Tage wie bei den Workshops, sondern der juristische Nachwuchs wird über eine längere Zeit durch seine Ausbildung – teilweise sogar bis zum Einstieg als Associate – begleitet. Zur Seite steht Ihnen ein Mentor, der bei fachlichen und persönlichen Fragen rund um den Berufseinstieg und die praktische Tätigkeit Ansprechpartner ist. Die Betreuung übernehmen meist Partner oder Senior Associates. „Wir nutzen bereits seit längerem das Mentoring für die Karrierebegleitung unserer Associates. Da sich dieses Konzept in der Praxis bewährt hat, wenden wir es nun auch in unserem Mentorenprogramm an“, erklärt Claudia Trillig, Director Strategic Development bei BakerMcKenzie, die Motivation ihrer Kanzlei, eine solche Starthilfe anzubieten.

Intensives Kennenlernen

Während des Programms profitieren die Mentees nicht nur von Rat und Tat ihres Mentors, sondern können meist auch andere Angebote der Kanzlei nutzen – von der Bibliothek bis hin zu Sprachkursen. In manchen Kanzleien können sie sogar Auslandsaufenthalte in einem der weltweiten Kanzleibüros absolvieren. Ein weiterer Vorteil: Im Unterschied zum Workshop lernen die Mentees die Kanzlei und ihre Mitarbeiter sehr gut kennen, bekommen wertvolle Einblicke in die Praxis und können ihren künftigen Arbeitgeber genau unter die Lupe nehmen. Auch beim Mentorenprogramm profitieren nicht nur die Teilnehmer, sondern auch die Kanzlei selbst: „Aufgrund der langen Laufzeit des Programms können wir uns ein umfassendes Bild der Nachwuchskräfte machen, was zum Beispiel während der relativ kurzen Interviews, die wir während Personalmessen führen, nicht möglich ist“, sagt Claudia Trillig.

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