Oliver Krieg arbeitet als Associate bei der NIBC Bank N.V. und kennt sich mit Unternehmenskäufen auf Kreditbasis aus.
„Was bedeutet eigentlich Leveraged Finance?“, werde ich oft gefragt. Die Übersetzung „Hebelfinanzierung“ klingt etwas holprig. Also konkreter: Wenn ein Private-Equity-Fonds (Financial Sponsor) ein Unternehmen akquiriert, setzt er einen gewissen Anteil Eigenkapital ein, zum Beispiel 30 Prozent. Die verbleibenden 70 Prozent werden z.B. von Banken als Fremdkapital zur Verfügung gestellt. Wenn das Investment des Private-Equity-Fonds erfolgreich ist, veräußert der Fonds das Unternehmen später zu einem höheren Preis und zahlt das Fremdkapital zurück. Dadurch, dass der Fonds nur einen relativ geringen Eigenkapitalanteil eingesetzt hat, fällt die Rendite deutlich höher aus, als dies bei einer rein mit Eigenkapital finanzierten Transaktion der Fall gewesen wäre. Die Rendite wird über das Fremdkapital der Ban- ken also „gehebelt“ oder „geleveraged“.
Im Grunde geht es für Banken bei einer Leveraged-Finance-Transaktion darum, sorgfältig zu analysieren, wie hoch die Schuldendienstfähigkeit (Debt Capacity) eines Unternehmens ist. Die Schuldendienstfähigkeit ist von den künftigen Cashflows des Unternehmens abhängig. Sind die erwarteten Cashflows hoch, kann eine höhere Finanzierung zur Verfügung gestellt werden und der Private-Equity-Fonds ist in der Lage, einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Da die Schuldendienstfähigkeit eines Unternehmens wiederum von vielen Faktoren abhängt – etwa von der Marktposition des Unternehmens, der strategischen Ausrichtung, dem Substitutionsrisiko von Produkten, den Markteintrittsbarrieren und natürlich vom Management selbst – ist das Aufgabenspektrum von Mitarbeitern im Leveraged-Finance-Bereich sehr umfangreich und spannend.
Anhand von Due-Diligence-Berichten (z.B. Commercial, Financial, Tax, Environmental oder Operational Due Diligence), die von Unternehmensberatungen, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern erstellt werden, analysieren wir das Unternehmen gründlich. In der Regel haben wir auch die Möglichkeit, das Management des zu akquirierenden Unternehmens zu treffen und Fragen zum Geschäftsmodell zu stellen. Letztlich entwickeln wir anhand der Analyse ein Finanzmodell, in dem die Zahlungsströme des Unternehmens projiziert und auch Sensitivitätsberechnungen durchgeführt werden.
Einen wichtigen Aufgabenbereich stellt auch der Dialog mit dem Private-Equity-Fonds dar. Dieser umfasst den Austausch von Einschätzungen zum jeweiligen Unternehmen oder auch Term-Sheet-Verhandlungen. In Term- Sheets werden die Finanzierungskonditionen für das Fremdkapital festgelegt. Sollte der Private-Equity-Fonds das Unternehmen letztlich kaufen, dann verhandeln wir zusammen mit Anwälten eine umfangreiche Kredit- vertragsdokumentation. Im deutschen Markt sind mehr als 30 Banken mit Leveraged-Finance-Teams vertreten. Absolventen können als Analyst in einer Leveraged-Finance-Abteilung einsteigen.
Der große Vorteil des Bereichs ist, dass Einsteiger frühzeitig einen umfassenden Einblick in die gesamte Transaktion erhalten können und dadurch die Lernkurve sehr hoch ist. Da besonders der Aufbau von Finanz- modellen für Einsteiger ein wichtiger Aufgabenbereich ist, sind hervorragende analytische Fähigkeiten ein entscheidendes Erfolgskriterium. Sehr gute Englischkenntnisse sind Voraussetzung, da viele Unterlagen nur in Englisch vorliegen. In höheren Positionen verlagert sich der Tätigkeitsschwerpunkt in Richtung koordinierender Aufgaben und dem Austausch mit dem Private-Equity-Fonds und dem Management des Unternehmens einschließlich der abschließenden Kreditvertragsdokumentation.
Man kann zudem durchaus auch erst auf höheren Positionen in den Leveraged-Finance-Bereich einsteigen. Aufgrund der Vielschichtigkeit des Themas Leveraged Finance können hier nur einzelne Aspekte vereinfacht dargestellt werden. Ich ermutige jeden, sich für diesen spannenden Bereich zu bewerben und mehr darüber herauszufinden.