Das eigene Hobby oder die Leidenschaft zum Beruf machen und sich somit selbst verwirklichen - davon träumen viele junge Menschen. Tim “Latka” Schwartmann (21) hat genau das geschafft, denn er arbeitet als professioneller FIFA-Spieler in der eSport-Abteilung von FC Schalke 04. Was für andere nur ein Hobby ist, macht Tim “Latka” seit 2016 hauptberuflich und ist damit sehr erfolgreich. Er gehört zu den besten Spielern Deutschlands. Im Interview sprechen wir mit ihm über seine Karriere im eSport, die Vor- und Nachteile als FIFA-Profi, die Relevanz von Social Media und welche spannenden Arbeitsfelder es im eSport noch gibt
Das Motto “Mach was du liebst” hat für mich bisher eine sehr große Rolle gespielt. Damals habe ich angefangen FIFA zu spielen, weil es mein Hobby war und ich es geliebt habe. Heute liebe ich noch immer das, was ich tue und kann das jetzt sogar tagtäglich machen, weil es jetzt mein Beruf ist. Also von daher passt das Motto wirklich gut zu mir.
Ich glaube, dass man möglichst viel probieren sollte. Nicht nur der tiefgreifendste Mathematik-Experte sein, sondern auch mal Skateboard fahren oder Physikkurse nehmen. Mein Rat: Nehmt alles mit, was ihr könnt. Seht euch möglichst viel an und dann werdet ihr merken, was euch ruft – weil es euer Thema ist.
Ich war schon immer Fußball-verrückt, viel davon kam durch meine Familie. Meine Brüder und meine Eltern waren schon immer Schalke-Fans und deswegen denke ich, wurde es mir schon mit in die Wiege gelegt. Aber auch durch den Fußball selbst bin ich zu FIFA gekommen. Damals habe ich noch selber Fußball gespielt und in meiner Freizeit dann zusätzlich noch FIFA gespielt. Ich würde behaupten, dass es auf jeden Fall immer noch meine Leidenschaft ist. Aber man muss auch ganz klar sagen, dass es jetzt natürlich deutlich ernster geworden ist als früher. Man spielt eben nicht mehr nur noch zum Spaß, der Trainingsaspekt ist heute viel wichtiger geworden.
Unsere Arbeit ist mittlerweile wirklich sehr vielseitig. Auf der einen Seite haben wir natürlich die Wettbewerbe und Spiele. Da ist es klar, dass wir an den Wochenenden an Qualifikationen und Turnieren teilnehmen. Das heißt, dass wir uns Online erstmal gegen die anderen Profis durchsetzen müssen und dann werden wir eingeladen zu den Turnieren. Auf der anderen Seite ist es auch so, dass die Arbeit im Bereich der Medien sehr wichtig ist, um den eSport in die Gesellschaft zu tragen und bekannter zu machen. Auch das nimmt mittlerweile einen großen Teil meiner Arbeit in Anspruch. Meinen Joballtag, also meine Trainings, Spiele und Turniere, kann man insofern mit einem klassischen Bürojob vergleichen, als dass wir ganz normale Arbeitszeiten haben, in denen wir vor dem Bildschirm sitzen und spielen. Aber natürlich machen wir auch Pausen und gehen dann nach draußen. Und auch ich bin froh, wenn ich Feierabend habe und fertig bin mit spielen. Es ist halt doch irgendwie ein normaler Beruf, nur dass wir eben FIFA spielen.
Als Vorteil sehe ich, dass ich im Gegensatz zu gleichaltrigen, die vielleicht noch zur Schule gehen oder studieren, dass ich FIFA spielen kann, statt zum Beispiel für Prüfungen zu büffeln. Das finde ich natürlich sehr cool. Außerdem habe ich immer wieder Kontakt zu neuen Leuten und neue Herausforderungen im Job. Dem vielen reisen in meinem Job stehe ich etwas gespalten gegenüber. Auf der einen Seite ist es extrem cool, denn man lernt sehr viel kennen, auf der anderen Seite ist es aber auch sehr anstrengend. Alle paar Wochen bin ich unterwegs: in den USA, dann in London oder Paris. Es macht mir aber trotzdem viel Spaß. Ich würde sagen, eSportler zu sein, ist wirklich ein sehr aufregender Job. Aber man muss auch darauf achten, sich Zeit zum Entspannen zu nehmen. Bei mir ist es so, gerade durch die viele Zeit, die ich in meine Social Media Kanäle investiere, dass ich mir ganz bewusst Zeit nehmen will, in der ich mal abschalten kann. Das empfinde ich manchmal als schwierig. Wird es doch mal etwas stressiger, bekomme ich von Schalke 04 aber auch die nötige Unterstützung, wenn ich sie brauche.
Als eSportler kann ich so ungefähr bis ich 30 Jahre alt bin arbeiten. Obwohl es da auch Unterschiede gibt, genau wie beim klassischen Fußball. Manche spielen bis sie 40 sind, manche hören mit 35 Jahren auf. Ungefähr so kann man sich das beim eSport vorstellen. Für die Zeit danach kann ich mir gut vorstellen weiterhin im eSport zu arbeiten. Selbst, wenn ich heute als aktiver Spieler im eSport aufhören würde, kann ich mir nicht vorstellen, keinen Job im eSport zu bekommen. In den letzten zwei bis drei Jahren hat sich der eSport hier in Deutschland schon viel entwickelt, daher kann ich mir gut vorstellen, dass der eSport eine gute Zukunft haben wird. Ansonsten kann ich noch immer ein Studium machen.
Die möglichen Arbeitsfelder sind eigentlich fast 1:1 wie im klassischen Fußball. Es gibt Trainer und Manager, es gibt Leute, die sich um das Marketing kümmern, andere sind verantwortlich für die Planung der Kader und andere wiederum kümmern sich um die Pressearbeit. Es gibt also alle Jobs aus dem klassischen Sport mittlerweile auch im FIFA eSport. So gesehen gibt es da nicht so große Unterschiede in den Arbeitsfeldern. Je größer der eSport wird, desto umfangreicher und desto mehr werden die Arbeitsfelder.
Bewerbungen im klassischen Sinne gibt es für einen Job wie meinen eher nicht. Das läuft eher alles über die Social Media Kanäle. Das heißt, immer wenn ein neuer Spieler bekannt wird oder für einen Verein in Frage kommt, dann wird sich immer zuerst angeschaut, wie sich die Person nach außen hin, also in den sozialen Netzwerken, verhält. Wichtig dabei ist, dass der Auftritt vernünftig und professionell aber auch ansprechend und witzig ist. So etwas ist sehr wichtig, damit die Leute einen cool und sympathisch finden. Es braucht eben eine gute Mischung. Als Möglichkeiten sich zu qualifizieren haben die Spieler beziehungsweise die “Bewerber” die Option, sich für Turniere zu qualifizieren. Da reicht es auch schon, wenn man sich für ein bis zwei große Turniere qualifiziert, sodass man sich einen Namen macht und damit auf sich aufmerksam machen kann. Viele Vereine gehen momentan stark in die Nachwuchsarbeit, das heißt, dass die Vereine junge Mitglieder “hochziehen” und fördern.
Vor allem braucht es mentale Stärke. Damit meine ich, dass man auf den Punkt voll da ist. Das kann einem manchmal ganz schön was abverlangen. Auch mit Aufs und Abs muss man gut klarkommen können. Letztendlich ist man ja doch ein Einzelkämpfer im Spiel - das heißt für Erfolge aber ebenso für Niederlagen bin ich allein verantwortlich. Wenn es in manchen Spielen mal nicht so gut läuft, ist es wichtig Ruhe zu bewahren und sich bewusst zu machen, was man alles kann. Das ist nicht immer einfach. Aber wenn der Wille und Glaube an sich groß genug sind, hat man schon gute Eigenschaften für den Job.
Das Wichtigste ist wirklich: Gib niemals deinen Traum auf! Ich glaube gerade heutzutage, gibt es unendlich viele Möglichkeiten und man kann in so vielen Bereichen arbeiten. Auch durch das Internet stehen einem viele Möglichkeiten zur Verfügung. Man kann sich sehr schnell mit vielen Leuten verbinden und austauschen, die Welt steht einem dadurch offen. Zu verbissen sollte man das Ganze aber nicht sehen, ich finde zu viel Risiko ist dann auch nicht mehr gut. Aber ich denke mit viel Ehrgeiz und etwas Glück, stehen einem alle Türen offen.