Authentisch im Vorstellungsgespräch: Wie ehrlich darfst du wirklich sein?

Alle Personaler sagen, dass Kandidaten im Vorstellungsgespräch authentisch auftreten sollen. Was steckt dahinter? Hier erfährst du, welche Rolle Authentizität tatsächlich spielt – und wann dir zu viel Offenheit schaden kann.

Roman Samborskyi/shutterstock.com
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Natürlich ist die Stelle dein Traumjob. Selbstverständlich erfüllst du die Anforderungen der Unternehmen. Auf keinen Fall sind die fließenden Spanischkenntnisse zu dick aufgetragen. Als Bewerber präsentierst du dich so gut wie möglich, um den Job zu bekommen – aber dabei solltest du nicht den Sinn für die Realität verlieren.

Denn: „Die beiderseitige Ehrlichkeit und Authentizität ist die Basis für ein späteres vertrauensvolles Verhältnis zwischen Bewerber und dem Vorgesetzten.“ Das sagt Sven Bauer, der als HR Business Partner Overland & Sales bei Kühne + Nagel schon viele Vorstellungsgespräche geführt hat – und ihm ist dabei schon oft aufgefallen, dass Bewerber die Wahrheit zurechtschummeln

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Keine Widersprüche, bitte

Du verrätst es durch deine Körpersprache, durch eine nicht mehr ganz so kräftige Stimme, schlimmstenfalls verhedderst du dich in deinen eigenen Schilderungen. „In dem Moment, in dem Aussagen widersprüchlich werden, Antworten ausgewichen wird und statt Ich-Botschaften der Konjunktiv das Gespräch prägt, ist klar, dass ein Bewerber nicht authentisch handelt“, sagt Bauer. Vergiss nie, dass dir Personal-Profis gegenübersitzen.

Sie sind darauf geschult, das wahre Wesen eines Bewerbers zu erkennen – und sie wissen, mit welchen Techniken sie herausfinden können, was wirklich stimmt. Wenn du erfolgreiche Projekte in Praktika oder Seminaren ansprichst, dann mach dich auf Nachfragen gefasst. Und sei ehrlich zu dir: Kannst du die Details glaubhaft vermitteln, auch wenn dir ein kritischer Personaler gegenübersitzt? Ist das nicht der Fall, dann ist das ein klares Zeichen, dass du besser einen Gang herunterschalten solltest.

Passt ihr wirklich zueinander?

Mach dir klar: Du tust dir selbst keinen Gefallen, wenn du dich zu sehr verbiegst. „Authentizität ist die grundlegende Voraussetzung für eine Bewertung, inwieweit Person, Stelle und Unternehmenskultur zueinander passen“, sagt Bauer. Es geht nicht nur darum, dass du den Job bekommst – und dann ist alles erledigt. Die wichtigste Frage ist doch: Bist du wirklich für den Job gemacht? Und passt er zu dir und deinen Wünschen? Ist das nicht der Fall, wirst du nach kurzer Zeit unglücklich.

Stehe auch zu Schwächen

Deshalb solltest du dir auch vorher überlegen, zu welchen Schwächen du offen stehst. „Wenn ich mich schlecht konzentrieren kann, wenn mehr als 30 Leute in einem Raum sitzen, sollte ich das ehrlich zugeben“, rät Henryk Lüderitz, Trainer für High Potentials und Management-Nachwuchs. „Falls es in einem Unternehmen nur Großraumbüros gibt, dann könnte das natürlich den Job kosten – aber dann ist es auch sinnvoll, dass man nicht dort landet.“ Auch wenn es vielen Bewerbern gerade am Anfang der Karriere darum geht, erst einmal überhaupt einen Job zu bekommen, solltest du nicht alles in Kauf nehmen. Sei ehrlich zu dir selbst und frage dich, unter welchen Bedingungen du wirklich gute Arbeit leisten und deine Stärken ausspielen kannst. Wenn du das klar vor Augen hast, fällt es dir leichter, im Vorstellungsgespräch offen mit deinen Wünschen und auch Problemen umzugehen – und das überzeugt Personaler.

Besonders gut ist es, wenn du für deine Schwächen direkt eine Lösung parat hast. „Immer dann, wenn ich mir zutraue, Defizite durch persönliches Engagement auszugleichen und willens bin, diese aktiv anzugehen, wird sicherlich auch später ein Auge zugedrückt“, rät Bauer. Außerdem zeigst du so, dass du dich mit dir selbst auseinandersetzt und eine reflektierte Einstellung zu deinen eigenen Fähigkeiten hast.

Behalte die Details für dich

Kommen wir zur entscheidenden Frage: Wie ehrlich darfst du als Bewerber wirklich sein und wo solltest du die Grenze ziehen? Nehmen wir an, du hast ein Semester verschwendet, weil du viel gefeiert hast oder hast wegen Liebeskummer mehrere Klausuren vergeigt. In diesem Fall wäre es empfehlenswert, die Wahrheit zumindest etwas besser zu verpacken: Sprich von einer Phase der Neu-Orientierung (vielleicht hast du bei den vielen Partys ja wirklich ein bisschen zu dir selbst gefunden?) oder erwähne private Probleme, durch die du in der Uni kürzertreten musstest. Sei dir dabei bewusst, dass dein Gegenüber im Vorstellungsgespräch auch nur ein Mensch ist, der selbst schwierige Phasen hinter sich hat und deshalb Verständnis mitbringt – die Details über dein Liebesleben interessieren ihn aber wirklich nicht.

Ein weiteres Tabu: zu offen über Ex-Arbeitgeber sprechen. Wenn du dich aus einem festen Job heraus bewirbst, wird irgendwann die Frage aufkommen, warum du die Stelle wechseln wirst. Vor allem, wenn du noch nicht lange dort arbeitest, fällt dieser Aspekt auf. Falls ein cholerischer Chef oder unzumutbare Arbeitsbedingungen hinter deinem Wechsel steckten, solltest du dich auch hier mit Details zurückhalten. „Wenn du jetzt schonungslos direkt bist und in Schimpftiraden über miese Bezahlung oder den inkompetenten Vorgesetzten ausbrichst, tust du dir keinen Gefallen“, rät Coach Lüderitz. In diesem Fall solltest du besser über deinen Wunsch nach persönlicher Weiterentwicklung oder einem neuen inhaltlichen Schwerpunkt sprechen.

Selbstbewusstsein ist erlaubt

Wie genau du ein Detail, eine Schwäche oder eine schwierige Phase im Studium tatsächlich benennst, bleibt natürlich immer dir selbst überlassen und hängt vom Einzelfall ab. Wichtig ist, dass du mit der richtigen Einstellung in das Vorstellungsgespräch gehst: Mach dir immer klar, dass du in dieser Situation bereits eine wichtige Hürde geschafft hast: Deine Bewerbung hat die Recruiter überzeugt. Ein bisschen Selbstbewusstsein solltest du dir also schon gönnen – vielleicht hast du es dann auch gar nicht nötig, so viel zu bluffen. 

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