Stempel aufdrücken und abkassieren, so stellen sich viele den Berufsalltag eines Notars vor. Die Praxis sieht anders aus: Notare beraten Menschen in vielen Rechtslagen.
„Eigentlich wollte ich Anwalt werden“, räumt Andreas Brandt ein. Der 31-jährige ist Notarassessor an der Bundesnotarkammer in Berlin. Als in seiner Arbeitsgemeinschaft ein Notar seinen Arbeitsalltag vorstellte und zu sich einlud, war sein Interesse geweckt.
Notarstellen sind allerdings begrenzt. Es werden immer nur so viele ausgeschrieben, wie einige Jahre später voraussichtlich Stellen frei werden. Deutschlandweit arbeiten rund 8.000 Juristen als Notar.
Die Beurkundung von Rechtsgeschäften ist nur ein Teil des notariellen Alltags. Ein notarieller Vertrag vermeidet Streit und muss für alle möglichen Eventualitäten eine Lösung haben. Der rechtssuchende Mandant muss sich gut aufgehoben fühlen. „Juristischen Laien muss ich auch die komplexen Klauseln verständlich machen können“, so Brandt.
Wer als Anwalt und Notar arbeiten will, muss die notarielle Fachprüfung ablegen und insgesamt fünf Jahre als Rechtsanwalt tätig gewesen sein. Drei davon dort, wo er später als Notar arbeiten will. Erst dann kann er sich auf freie Posten bewerben und wird zum Notar ernannt.
Auf dem Weg zum Nur-Notar heißt die erste Station: Notarassessor. Auf die Anwärterstellen können sich Juristen direkt nach dem zweiten Staatsexamen bewerben. Die Voraussetzung: ein zweistelliges Prädikat. Überzeugt der Anwärter im Auswahlgespräch den Präsidenten des Oberlandesgerichts und die Vertreter der Notarkammer, wird er zum Assessor ernannt. Drei Jahre lang lernt er alle notariellen Bereiche kennen. Zu den Hauptaufgaben gehört die Vertragsausgestaltung im Immobilienrecht, Familien- und Erbrecht sowie Gesellschaftsrecht. Der Anwärter vertritt Notare bei Krankheit und Urlaub oder verwaltet eigenständig eine Notarstelle bis zu deren Neubesetzung.
Wie Andreas Brandt, können einige die Anwärterzeit auch in regionalen Notarkammern, der Bundesnotarkammer oder dem Deutschen Notarinstitut ableisten. Nach Ende der Anwärterzeit dauert es meist ein Jahr bis man schließlich zum Notar bestellt wird.
Auch wenn er ein öffentliches Amt trägt, ist der Notar nicht verbeamtet. Seine Einnahmen müssen alle anfallenden Kosten decken. Brandt schätzt die Mischung aus öffentlichem Amt und freiberuflichen Strukturen: „Ich kann die Arbeitsabläufe und das Büro nach meinen eigenen Vorstellungen gestalten.“ Die vertiefte Auseinandersetzung mit juristischen Problemen findet jedoch oft außerhalb der Öffnungszeiten von 8 und 18 Uhr statt.
Die Einnahmen der Notare richten sich nach einer festen Gebührenordnung. Anders als für Anwälte, gibt es für Notare ein Sicherheitsnetz: Fällt die Einnahme unter die Grenze der Richterbesoldung, zahlt die Notarkasse die Differenz als Einkommensergänzung. Dieser Fall kann bei neu eingerichteten Notarstellen eintreten, die noch keinen festen Kundenstamm haben.
Aus historischen Gründen gibt es zwei Formen des Notariats:
Das Nur-Notariat und das Anwalts-Notariat. Während der Jurist in der ersten Form ausschließlich als Notar arbeitet, ist er in der zweiten Form auch als Rechtsanwalt tätig. Das Nur-Notariat, oder Rheinische Notariat geht zurück auf ein Dekret aus den Zeiten der französischen Revolution. Das hauptberufliche Notariat, nach französischem Vorbild, wurde in den annektierten linksrheinischen Gebieten 1798 eingeführt und ist bis heute die vorherrschende Notariatsform im Rheinland, Rheinland-Pfalz, Bayern, Saarland, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.