Großkanzlei: Wer die Wahl hat

Wer zu den besten zehn Prozent des Jahrgangs gehört, hat alle Chancen. Großkanzlei ist aber nicht gleich Großkanzlei. Es gibt Unterschiede.

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Die Messlatte liegt hoch: zwei Mal mindestens Vollbefriedigend, am besten noch ein LL.M. (Master of Laws) oder eine Promotion. Wer das erfüllt, hat die formale Eintrittskarte für den Einstieg in die Großkanzlei gelöst.

Ein Blick auf das Trendence Absolventenbarometer zeigt, dass es genau dahin auch die meisten Jura-Absolventen zieht. Die Pole-Position der beliebtesten Arbeitgeber wird zwar vom Auswärtigen Amt und dem Bundeskriminalamt belegt, direkt im Anschluss folgen aber die Namen der führenden Kanzleien:

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Doch wie unterscheiden sich die verschiedenen Großkanzleien und welche ist für wen die richtige Wahl?

Internationalität ist eines der wesentlichen Kriterien, die Großkanzleien von mittleren und kleineren Kanzleien unterscheidet. Obwohl alle Großkanzleien international arbeiten, gibt es grundsätzliche Unterschiede.

Handelt es sich um eine Kanzlei mit deutschen Wurzeln oder um das deutsche Büro einer internationalen Sozietät? Beispiele für ursprünglich deutsche Unternehmen sind Hengeler Mueller und Gleiss Lutz.

Das heißt aber nicht, dass hier weniger international gearbeitet wird: Gleiss Lutz ist Teil eines weltweiten Netzwerkes, ebenso wie Hengeler Mueller, die u.a. mit Bonelli Erede in Italien, De Brauw in den Niederlanden und Slaughter and May in Großbritannien zusammenarbeiten.

Wichtigste Fremdsprache für Juristen ist Englisch

Anders ist der Aufbau der großen ausländischen Kanzleien, die über mehrere Büros in Deutschland verfügen. Beispiel Clifford Chance. Die englische Kanzlei ist in der heutigen Form seit 1990 auf dem deutschen Markt und insgesamt in 26 Ländern aktiv. Auch Linklaters hat seine Wurzeln in Großbritannien und 29 Büros weltweit. Beide gehören international und auf dem deutschen Markt zu den Top-Playern.

Wer eine Großkanzlei im Visier hat, sollte sich also schon rechtzeitig auf die internationale Karriere vorbereiten - etwa durch entsprechende Sprachtrainings. Viele Universitäten bieten heute Englisch-Kurse zum juristischen Vokabular an. "Auf der Rangliste der wichtigen Fremdsprachen kommt ganz vorne Englisch, dann Englisch und dann wieder Englisch", sagt Daniel Weiß, Partner bei Hengeler Mueller.

Ein Auslandsaufenthalt gehört in vielen Großkanzleien zum selbstverständlichen Bestandteil der Ausbildung. Gleiss Lutz etwa legt Wert darauf, dass alle Anwälte ihr Secondment bei einem der Allianzpartner in den USA oder in Großbritannien absolvieren.

Ähnlich sieht es bei Taylor Wessing aus: Hier geht es normalerweise ab dem dritten Anstellungsjahr ins Ausland - entweder in ein ausländisches Büro, in eine kooperierende Kanzlei oder zu einem ausländischen Mandanten.

Partner oder Counsel?

Anders als in vergleichbaren großen Industrieunternehmen folgt die Karriere in Großkanzleien einem festgelegten Karrierepfad. Diese unterscheiden sich zwar, sind in ihrer Struktur aber ähnlich. Bei Hogan Lovells etwa werden Associates nach drei Jahren Senior Associates, nach weiteren drei Jahren Partner.

Alternativ zum Partnerstatus können erfahrene Anwälte aber auch Counsel werden und so der Sozietät erhalten bleiben. Immer mehr Kanzleien durchbrechen damit das vielerorts gängige Up-or-out-Prinzip. Auch CMS Hasche Sigle bietet die Position des Counsel an. Der Counsel ist hier eine Stufe in des Karrieremodells, von der aus die Anwälte entscheiden, ob sie Partner werden oder Counsels bleiben möchten.

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Work-Life-Balance und Gehalt

Sicher ist, dass eine Karriere in der Großkanzlei mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden ist. Wer einen Nine-to-Five-Job erwartet, ist hier fehl am Platz.

Trotzdem legen die Kanzleien Wert darauf, dass es lediglich in den Hochphasen eines Mandats zu den Spitzenzeiten kommt. "Auf Dauer müssen Arbeitsbelastung und Privatleben ausgewogen sein, sonst wird niemand glücklich", betont Volker Geyrhalter, Partner bei Hogan Lovells.

Auch der Blick auf die Gehaltsabrechnung entschädigt für die hohe Arbeitsbelastung. Die höchsten Einstiegsgehälter zahlen Freshfields Bruckhaus Deringer, Hengeler Mueller, Clifford Chance, CMS Hasche Sigle, Linklaters, Gleiss Lutz und Latham & Watkins.

Bei allen bewegen sich die Einstiegsgehälter an der 100.000 Euro Grenze. Bonuszahlungen werden draufgerechnet. Die übrigen der Top-20-Kanzleien sind ebenfalls nicht weit unterhalb dieser Schwelle. Nach einem Jahr steigt das Gehalt auf ungefähr 130.000 Euro an und nach zwei Jahren gibt es knapp 140.000 Euro jährlich.

Die Entwicklung der Gehälter verläuft genauso transparent wie die Karrierrewege. Entsprechend verläuft auch die finanzielle Entwicklung in den nächsten Berufsjahren. Parallel zu den Karrierefortschritten steht immer auch eine Gehaltserhöhung ins Haus.

Weiterbildung verläuft in jeder Großkanzlei anders

Während sich die Gehälter der Großkanzleien alle in ähnlich hohen Gefilden tummeln, sind die Unterschiede in Sachen Aus- und Weiterbildung größer. Alle legen Wert auf die Ausbildung ihrer Anwälte, doch wie sich die Associates das benötige Wissen aneignen, ist unterschiedlich. In- oder externe Schulungen, eigene Akademien, wöchentliche oder monatliche Treffen – die Wege der Weiterbildung verlaufen unterschiedlich.

Hengeler Mueller beispielsweise schuf ein neues Associate-Fortbildungsprogramm in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen. Zweimal im Jahr besuchen alle Anwälte der Kanzlei fünftägige Fortbildungen.

Sämtliche Veranstaltungen lassen sich außerdem für einen MBA-Abschluss anrechnen. Anwälte von Linklaters profitieren von der Linklaters Law and Business School und können an einer führenden Business School ihren Executive MBA absolvieren. Neben dem Fachwissen geht es in diesen Weiterbildungen vor allem um wirtschaftswissenschaftliche Zusammenhänge und um die Verbesserung der Soft Skills.

Arbeitsatmosphäre zählt

Alle bis hierher genannten Faktoren sind für die Auswahl der richtigen Großkanzlei wichtig. Und alle lassen sich im Vorfeld eines Vorstellungsgesprächs recherchieren und miteinander vergleichen.

Doch letztendlich ist auch das entscheidend, was sich vorher kaum erfahren lässt. Wie ist der Umgang der Kollegen miteinander? Kann ich mir vorstellen, mit diesen Kollegen einen großen Teil meiner Zeit zu verbringen? Um das herauszufinden, reicht ein Vorstellungsgespräch nicht. Die Lösung? Kontakt zum Wunscharbeitgeber. Und zwar möglichst schon zu Studienzeiten oder spätestens zum Referendariat.

Weitere Autoren: Katrin Mingels

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