Nach dem Bachelor in die Selbstständigkeit: "Netzwerkaufbau ist ganz entscheidend"

Philip steigt nach dem Bachelor als Freiberufler in den Sportjournalismus ein. Im Interview gewährt er Einblicke in seinen Arbeitsalltag und beschreibt, worauf es ankommt, um als selbstständiger Journalist Fuß zu fassen.

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Phillip, warum hast du dich für die Selbständigkeit entschieden? Das war ein Stück weit notgedrungen. Während des Studiums habe ich wenig als Journalist gearbeitet. Meine Eltern haben eine Stange Geld dafür geblecht. Und dementsprechend habe ich mich eher auf das Studium konzentriert. Und als ich mich dann nach Abschluss auf Volontariate beworben habe, hat es wegen der mangelnden Praxiserfahrung leider nicht geklappt. Aber es ist gar nicht verkehrt, freiberuflich zu arbeiten, weil ich mir viele Themen selbst suchen und zudem ganz unterschiedliche Arbeiten machen kann. Ich schreibe, arbeite beim Radio und beim Web-TV.

Warum wärst du trotzdem lieber in einem festen Arbeitsverhältnis? Es muss nicht um jeden Preis ein fester Job sein, Hauptsache er ist vielfältig. Auf einen zu einseitigen Job würde ich mich nicht einlassen. Darum glaube ich, dass ein Volontariat beim Radio genau das Richtige für mich wäre. Da sind die Aufgaben vielfältig: Nachrichten, Moderation, Sendeplanung, Reportertätigkeit. Im Volontariat wird man in verschiedene Bereiche eingearbeitet. Und dann ist da noch die Unbeständigkeit als Freier. Die Unbeständigkeit in Sachen Einkommen, die Unbeständigkeit in Sachen Auftragslage. Es ist für mich nicht einfach, über Urlaub mit meiner Freundin nachzudenken. Die soziale Absicherung ist auch nicht da. Und wenn ich krank bin, habe ich Verdienstausfall.

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Wie bist du an deinen ersten Auftrag gekommen? Wie verlief der Einstieg? Mein erster Auftrag war für den Kicker. Während meines Studiums hatte ich im Rahmen meiner Bachelor-Arbeit den für Westdeutschland zuständigen Chefredakteur vom Kicker interviewt. Als ich nach dem Studium auf Jobsuche war, habe ich meine alten Kontakte angerufen, um mir Tipps einzuholen. Und in dem Fall war es so, dass der Chefredakteur sagte, dass ich doch mal für den Kicker schreiben könnte. Daraufhin habe ich meine Themenvorschläge eingereicht und so den ersten Job bekommen. Und seitdem arbeite ich immer mal wieder für den Kicker.

Wie ist deine Auftragslage? Ich bin nicht zufrieden. Ich muss schon zusehen, dass ich genug reinbekomme. Freie Journalisten sollten regelmäßig und eigenständig nach Themen suchen und öfter auch Vorschläge einreichen. Nur so erhöht man die Wahrscheinlichkeit, mehr Aufträge zu bekommen. Die Effektivität im Home Office ist bei freien Journalisten ganz entscheidend. Meine Ausgaben kann ich decken, aber auch nur, weil ich noch bei meinen Eltern wohne. Nächsten Monat ziehe ich aus und da werde ich zunächst auf finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen sein.

Betreibst du Selbstmarketing, zum Beispiel mit einem Blog? Ich habe keinen Blog, aber ich denke darüber nach. Wenn sich bei mir bald nichts ändert, werde ich anfangen zu bloggen. Die Idee hatte ich bereits, aber bei mir kamen dann von jetzt auf gleich die Jobs in freier Mitarbeit und da fehlte mir einfach die Zeit. Blogs sind definitiv eine gute Sache, um sich selbst zu vermarkten, man muss den aber seriös führen und regelmäßig Beiträge veröffentlichen. Einen Blog muss man führen wie ein Unternehmen, sonst macht das in meinen Augen keinen Sinn. Ein Blog muss gepflegt werden, darum habe ich das erstmal gelassen, weil ich zu sehr damit beschäftigt war, mich in dieser neuen Situation als Selbstständiger zurechtzufinden.

Wie machst du dann auf dich aufmerksam? Im Journalismus läuft vieles über Kontakte. Ich versuche mich immer wieder bei alten Kontakten in Erinnerung zu bringen, wie beim Chefredakteur vom Kicker zum Beispiel. Eine nette Mail an Weihnachten kann beispielsweise nicht schaden. Auch Facebook ist ein gutes Instrument. Da habe ich einige Kollegen, und ich poste regelmäßig meine Arbeitsergebnisse, um zu zeigen, dass ich aktiv bin und was ich gerade so mache. So können die Kollegen sehen, wie man sich entwickelt. Xing ist ebenfalls ein gutes Tool für Vernetzung. Generell gilt: Netzwerkaufbau und Netzwerkpflege ist für freie Journalisten ganz entscheidend.

Wie hoch ist der Konkurrenzdruck für freie Journalisten? Natürlich ist der hoch, es gibt viele, die in den Journalismus rein wollen und eine Menge erfahrener Journalisten. Aber ich sehe die anderen Freiberufler nicht als Konkurrenz. Ich schaue mir von den Kollegen ab, wie die sich organisieren und planen und lerne so dazu. Die ersten beiden Jahre sind für freie Journalisten generell schwierig. Das muss man so akzeptieren und schauen, dass man das Beste daraus macht. Aber ich bin überzeugt davon, wenn man mit Herzblut dabei ist, kommt man auch weiter. Auch wenn ich Phasen habe, wo ich denke, das geht mir alles nicht schnell genug. Aber ich befinde mich ja noch im ersten Jahr der Selbständigkeit. Das muss man so hinnehmen und dran bleiben.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus? Es gibt keinen typischen Arbeitstag, jeder Tag sieht anders aus. Mal suche ich nach Themen, mal suche ich nach Jobs und Volontariaten, und an manchen Tagen bereite ich mich auf bevorstehende Termine vor. Dann muss ich auch zusehen, dass ich mich selbst weiterbilde, zum Beispiel in Stimmtraining. Wenn man keine Aufträge hat, heißt das ja nicht, dass man frei hat. Man kümmert sich um neue Aufträge oder man arbeitet an sich selbst.

Welche Tipps hast du für angehende Journalisten, um sich auf die Selbständigkeit nach dem Abschluss vorzubereiten? Das Entscheidende ist - machen. Man muss aktiv sein, Eigeninitiative ergreifen und ein Netzwerk aufbauen. Das ist unheimlich wichtig im Journalismus. Ansonsten machen, machen, machen. Freiberufler brauchen Ehrgeiz. Wenn man nicht ehrgeizig an die Sache rangeht, dann gelingt die Freiberuflichkeit nicht. Außerdem muss man sich organisieren und disziplinieren können.

Was hast du noch durch die Selbständigkeit gelernt? Zum Beispiel die Fähigkeit, Kritik einzufordern und auch anzunehmen. Ich bin viel flexibler geworden und ich habe jetzt den Mut, neue Dinge anzunehmen, mich in neues einzuarbeiten und damit auseinanderzusetzen. Durch meine Arbeit bin ich schon besser geworden in Selbstorganisation und Disziplin. Man kann sich immer verbessern in allen möglichen Punkten.

Steckbrief 

Name: PhilipAlter: 24Wohnort: KölnDerzeitige Tätigkeit: Freiberuflicher JournalistWunschberuf als Kind: LandwirtBerufsziel: FußballreporterIch mag nicht: Dieses Zeitungssterben. Mittlerweile werden viel zu oft Agenturmeldungen übernommen. Die eigenständige Recherche, Themenfindung und Hintergründiges kommen oft zu kurzRichtig gut finde ich: Live-Reportagen und die Geschichte hinter Menschen, PorträtsLebensmotto: Gesund und glücklich sein und bleiben Arbeitsmotto: Perfekt ist man nie, aber man kann jeden Tag besser werden Meine Inspiration: Mein Vater als Vorbild: Er ist Musiker geworden gegen Widerstände der Familie, hat mit Hingabe für seinen Traum gearbeitet und sich nicht vom Weg abbringen lassenWas ich mache, wenn ich nicht arbeite: Ich treffe gerne Freunde, soziale Kontakte sind mir wichtig. Wenn es die Zeit zulässt, unternehme ich gerne etwas mit meiner Freundin

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