Sie sind unverzichtbar, ihre Produkte überall - doch kaum einer kennt sie: Die Hidden Champions sind der Jobmotor Nummer Eins für Ingenieure. Wie man sich abseits ausgetretener Karrierewege bewegt und dabei noch die Welt umrundet.
Sie sind die feinen Räder im Getriebe, ohne die Maschinen ins Stocken geraten, um dann früher oder später - wie in den letzten Jahren immer wieder spektakulär zu beobachten - den Geist aufzugeben. Die Maschinerie heißt in diesem Fall deutsche (Export-)Wirtschaft. Die Achse bildet der Mittelstand - und die Rädchen? Tragen den klangvollen Namen Hidden Champions.
Sie sind mittelständische Unternehmen, die Welt- oder Europamarktführer in ihren Nischenmärkten sind und oft Marktanteile von über 50 Prozent besitzen. Trotzdem sind die Unternehmen in der Öffentlichkeit kaum bekannt, da meist sie inhabergeführt und nicht börsennotiert sind. In Deutschland gibt es rund 1300 dieser Hidden Champions - in den unterschiedlichsten Branchen. Ihre Produkte lassen sich in der Automobil- bis hin zur Lebensmittelindustrie finden. Für die Spitzenposition der geheimen Gewinner gibt es verschiedenste Beispiele: In Europa würde etwa kaum ein Auto fahren ohne die Motorblöcke und Zylinderköpfe von und der größte Anteil des weltweiten Erdgases wird durch die Rohre eines einzigen Unternehmens geleitet: Europipe
Für Ingenieure können Hidden Champions reizvolle Arbeitgeber sein: Der Erfolg der Unternehmen begründet sich meist auf Durchbruchsinnovationen. Damit sie ihre Position am Markt halten können, sind kontinuierliche Forschung und Neuerungen notwendig. Ingenieure haben hier oft große Gestaltungsfreiheit. Selbst die Maschinen zur Fertigung der Produkte werden meist selbst entwickelt. Der dadurch entstehende technische Vorsprung ist, gemeinsam mit der internationalen Ausrichtung des Geschäfts, der wichtigste Garant für das Bestehen am Markt.
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Jetzt für den Ingenieur-Newsletter anmeldenWer bei den Hidden Champions erfolgreich einsteigen will, sollte wissen, was sie ausmacht: Liefertreue, Produktqualität, Kundennähe und eine dauerhafte Wachstumsorientierung stehen für die Firmen im Vordergrund. Langfristiges Denken zieht sich auch durch die gesamte Unternehmenskultur. Die Fluktuationsrate ist im Vergleich zu Großunternehmen deutlich geringer. Ist die Anfangsphase überstanden, bleiben die Mitarbeiter ihrer Firma meist ein Leben lang treu. Und auch im Chefsessel werden dauerhafte Abdrücke hinterlassen: Laut Experten bleibt die Führung im Schnitt rund 20 Jahre im Dienst. Grund für diese große personale Stabilität ist auch die hohe Identifikation der Mitarbeiter mit ihren Unternehmen.
Für Absolventen bieten sich viele Möglichkeiten zum Direkteinstieg. Statt der systematischen Trainee-Programme der Großunternehmen wird bei den Mittelständischen meist mit Mentoren- und Patenmodellen gearbeitet oder auch schlichtweg durch Learning by Doing. Dabei besteht meist schon früh die Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen, Verantwortung zu übernehmen und bei guter Leistung schnell aufzusteigen. International tätige Hidden Champions schicken den Nachwuchs auch schon häufig nach kurzer Zeit zu ersten Auslandseinsätzen. Gleichzeitig wird sehr genau darauf geachtet, was die Einsteiger leisten. Drückeberger werden aussortiert und das aus gutem Grund: Der individuelle Leistungsbeitrag ist für den Unternehmenserfolg der Mittelständischen direkt spürbar.
Hidden Champions kümmern sich im Allgemeinen intensiv um ihre Mitarbeiter. Herrenknecht bietet flexible Arbeitsmodelle und Gesundheitsangebote, bei Gartner und Wild gibt es firmeninterne Chöre und Bands und Delo hat die "Spinnerzeit" eingeführt: Zehn bis 15 Prozent der Arbeitszeit dürfen Mitarbeiter darauf verwenden, sich außerhalb ihrer konkreten Projekte Gedanken zu machen.
Trotzdem haben es die Mittelständischen oft schwer, ausreichend Personal zu finden: Die geringe Bekanntheit und der meist ländliche Standort erschweren die überregionale Suche. Hochschulabsolventen lassen sich zudem meist vom Namen der großen Konzerne und deren vermeintlich sicheren Arbeitsplätzen beeindrucken, dabei bieten die Hidden Champions mitunter die interessanteren Karrieren. Und mal ehrlich: Welches Großunternehmen räumt seinen Mitarbeitern schon "Spinnerzeit" ein?