Wie gelingt der Neustart als Quereinsteiger?

Ganz neu anfangen statt ewig Frust schieben: Schon Young Professionals können als Quereinsteiger durchstarten, wenn sie den falschen Job gewählt haben. Wie das gelingt und welche Besonderheiten es bei Jobsuche und Bewerbung gibt, verrät Karriereberaterin Kerstin Ercolino.

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Frau Ercolino, viele Arbeitgeber suchen Spezialisten. Warum sollten sie auch auf Quereinsteiger setzen?

Kerstin Ercolino: Wer aus einer anderen Branche kommt, bringt eine ganz neue Sichtweise mit und kann flexibler neue Perspektiven einnehmen. Davon können viele Teams profitieren. Es ist aber natürlich wichtig, Schlüsselkompetenzen zu besitzen, die man auf die neue Stelle übertragen kann. Das bietet sich bei jemandem an, der im Projekt- oder Produktmanagement gearbeitet hat: Solche Qualifikationen sind in vielen Unternehmen und Branchen gefragt. 

In Stellenanzeigen werden aber nur selten Quereinsteiger gesucht. Sollten sich Bewerber davon abschrecken lassen?

Nein, auf keinen Fall! Auch wenn es nicht explizit erwähnt wird: Arbeitgeber werden immer offener für Quereinsteiger. Oft müssen sie es wegen Fach- und Führungskräftemangel, es kann aber auch eine strategische Entscheidung fürs Employer Branding sein: Für viele Bewerber ist es attraktiv, wenn Talente aus vielen Branchen gefördert werden. Außerdem geht der gesellschaftliche Trend hin zu Mosaik-Karrieren mit vielen Wechseln – daran gewöhnen sich auch Personaler.

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Was sollten Young Professionals tun, die schon nach zwei Jahren merken: Dieser Job ist nichts für mich?

Das passiert tatsächlich immer häufiger. Heutzutage steigen junge Menschen so früh ins Berufsleben ein, müssen so viele Jahre arbeiten. Dabei können sie nur erfolgreich sein, wenn sie zufrieden sind. Wer feststellt, dass er den falschen Weg eingeschlagen hat, der sollte nicht 40 weitere Jahre in einem Job arbeiten, der ihm nicht liegt. Wichtig ist, dass man gut überlegt, ob ein Branchenwechsel tatsächlich notwendig ist – und wie dieser gestaltet werden könnte. 

Woran merkt man, dass ein Wechsel notwendig ist – und es sich nicht um „normalen“ Job-Frust handelt?

Es ist wichtig, die eigenen Motive gründlich zu hinterfragen: Stört mich nur die Stimmung im Team und würde vielleicht schon der Wechsel des Unternehmens reichen? Oder bin ich wirklich unglücklich mit dem Beruf, den ich gewählt habe? Dafür sind Selbstreflektion und eine genaue Standortbestimmung notwendig. Am besten holt man sich dazu Hilfe: von einem Profi oder einer Person, die einen gut kennt.

Warum ist diese zweite Meinung entscheidend, wenn es doch um eigene Bedürfnisse geht?

So ein Sparringspartner stellt ganz andere Fragen, er merkt auch, wenn man mal nicht ganz ehrlich zu sich selbst ist. Außerdem kann er Fähigkeiten und Talente besser einschätzen, Selbst- und Fremdbild gehen häufig auseinander. Gerade bei jungen Menschen ist dieser Blick von außen wichtig: Oft nehmen wir eigene Talente gar nicht wahr – dabei könnten sie für die Neuorientierung ausschlaggebend sein.

Die Entscheidung für den Neustart ist gefallen – was sind die nächsten Schritte?

Neben der Selbstanalyse ist gründliche Recherche wichtig: In welche Branche könnte ich wechseln? Was wäre realistisch? Wer schlecht vorbereitet loslegt, erhält nur Absagen – und das ist frustrierend. Wichtig sind drei Aspekte: Was würde ich gerne machen? Welche Fähigkeiten bringe ich mit? Und was braucht der Markt? Wenn man sich diese Aspekte als Kreise vorstellt und übereinander legt, ergibt sich eine Schnittmenge – und mit der kann man arbeiten. Im nächsten Schritt müssen die Unterlagen angepasst werden, dann können die ersten Bewerbungen rausgehen.

Wie sollte der Lebenslauf eines Quereinsteigers gestaltet sein?

Vor allem bei jungen Menschen mit wenig Berufserfahrung ist es wichtig, diese detailliert im Lebenslauf darzustellen. Es gibt nur wenige Stationen? Das macht nichts, auch diese können sicher mit Beispielen und Erfolgen ausgeschmückt werden. Nur so kann sich der Personaler ein Bild von der bisherigen Arbeit des Bewerbers machen. Nach gründlicher Vorbereitung sollte man genau das herausstellen, was für die neue Stelle relevant ist. Das ist natürlich aufwändig, aber grundsätzlich gilt: Je weiter die neue Branche von der alten entfernt ist, desto mehr Zeit kostet eine gute Bewerbung. 

Und welche Besonderheiten gelten bei Anschreiben von Quereinsteigern?

Das eigene Profil sollte im Bewerbungsschreiben so spannend präsentiert werden, dass es Personaler neugierig macht – auch wenn es Konkurrenten mit größerer Expertise gibt. Bestenfalls zeigt der Bewerber, warum das Unternehmen von ihm als Quereinsteiger besonders profitieren kann – und er sollte beweisen, dass er sich gut über die künftige Branche und den Wunscharbeitgeber informiert hat. Bei allem kommt es immer drauf an, wie die Geschichte erzählt wird. Es geht nicht ums Scheitern, sondern die Botschaft sollte sein: Ja, ich habe in der Vergangenheit eine falsche Entscheidung getroffen. Aber jetzt beweise ich Flexibilität, Kreativität und Mut, etwas anderes zu tun – weil ich von meiner Fähigkeiten überzeugt bin.

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