IT-Karrieren verlaufen oft über viele Stationen. In den Bewerbungen sammeln sich damit einige Arbeitszeugnisse an, die die erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen belegen. Informatiker sollten damit schon bei ihren Praktika und Studentenjobs anfangen.
Natürlich sind Zeugnisse subjektive Beurteilungen und können auch falsch sein“, sagt Danny Bonewitz, Personalberater bei Adecco. „Insgesamt kann man aber über Zeugnisse sehr gut die Unterschiede zwischen Bewerbern erkennen.“ Der für die IT-Branche zuständige Personalexperte muss es wissen, denn auf seinem Schreibtisch landen viele Bewerbungen von Informatikern. Und damit auch viele Zeugnisse. Bonewitz versichert: „Personalberater messen Arbeitszeugnissen einen sehr hohen Stellenwert bei.“
Arbeitszeugnisse sind aus mehreren Gründen ein zentraler Bestandteil der Bewerbungsunterlagen: „Zum einen bestätigen sie die Angaben des Bewerbers aus dem Lebenslauf und dienen damit als Beweis, dass die Angaben nicht geschönt sind. Zum anderen enthalten sie wertvolle Einschätzungen und Beurteilungen Dritter“, so Bonewitz.
Grundsätzlich lassen sich einfache und qualifizierte Zeugnisse unterscheiden. Nur die qualifizierten Zeugnisse benennen konkret die Aufgaben und Leistungen eines Kandidaten. Sie sind eine Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche Bewerbung. Ein Arbeitsverhältnis, das nicht durch ein qualifiziertes Zeugnis belegt ist, macht jeden Personaler misstrauisch.
Ein solches Zeugnis muss vom Arbeitgeber jedoch nur auf ausdrückliches Verlangen ausgestellt werden. Arbeitnehmer sollten darauf bestehen. Das Zeugnis sollte eine vollständige Aufstellung der Aufgabengebiete des Arbeitnehmers enthalten. Es folgt eine fachliche und persönliche Beurteilung seiner Leistungenen und seines Verhaltens. Ein klassischer Soll-Ist-Vergleich also.
Konkret muss das qualifizierte Zeugnis genaue Angaben zur Person und zum Arbeitgeber sowie zur Beschäftigungsdauer, zu den Aufgaben und zu den eingesetzten Werkzeugen und Arbeitsmitteln machen. Außerdem muss es das Können, die Arbeitsweise, Belastbarkeit, Arbeitsbereitschaft, das Sozial- und das Führungsverhalten bewerten.
Bei IT-Spezialisten gelten einige Besonderheiten: „Speziell für Informatiker enthält die Positions- und Aufgabenbeschreibung detaillierte technische Angaben – zum Beispiel über Systeme oder Programmiersprachen, mit denen gearbeitet wurde“, sagt Bonewitz. Im Arbeitszeugnis eines SAP-Spezialisten sollte etwa stehen, mit welchen Modulen er gearbeitet hat, bei Software-Entwicklern sollten Tools und Entwicklungsumgebungen beschrieben werden.
Wichtig seien besonders die Erfolge, die ein Bewerber erzielt hat, die Ergebnisse, seine Arbeitsweise und eventuelle Weiterbildungsmaßnahmen, erläutert Bonewitz. „Abgeschlossene Projekte sollten in jedem Fall erwähnt werden, zum Beispiel solche mit hoher Personal- oder Budgetverantwortung. Das ist auch wichtig für angestrebte Führungsaufgaben“, sagt Bonewitz.
Zeugnisse sollen einen objektiven Eindruck von der Gesamtpersönlichkeit und seiner Leistungsfähigkeit liefern. Dabei sind außer den enthaltenen Beurteilungen besonders die Formulierungen sehr aufschlussreich – und die Punkte, die nicht genannt werden. „Bei Fehlverhalten werden oft wichtige Punkte einfach weggelassen. Das ist immer ein Zeichen, dass etwas nicht stimmt“, sagt Bonewitz.
Wenn also im Zeugnis einer Führungskraft die Führungskompetenz nicht erwähnt wird, konnte sie wahrscheinlich nicht positiv beschrieben werden.
Denn es gilt der Grundsatz, dass die Inhalte und Formulierungen wohlwollend gewählt sein sollen und dem Arbeitnehmer das Weiterkommen nicht erschweren dürfen. Unter Personalentscheidern hat sich deshalb ein bestimmter Jargon eingebürgert, der Eingeweihten mehr verrät, als dem bloßen Wortlaut zu entnehmen ist. Bonewitz nennt als Beispiel die Reihenfolge, in der das Sozialverhalten bewertet wird.
„Üblicherweise stehen Vorgesetzte am Anfang, vor Kunden und Kollegen. Heißt es ‚Sein Verhalten gegenüber Kunden, Mitarbeitern und Vorgesetzten war vorbildlich’, kann das heißen: ‚Es gab Probleme’. Ist zusätzlich der Gesamteindruck nicht mindestens gut, handelt es sich möglicherweise um einen Kandidaten, dem es schwerfällt, sich in ein Team oder eine Struktur einzufügen“, so der Personalberater.
Wichtig ist auch das Ende des Zeugnisses, fährt Bonewitz fort, also die Abschlussformel und insbesondere die Dankesformel. Die enthält idealerweise einen Ausdruck des Bedauerns über das Ausscheiden, Empfehlungen und Zukunftswünsche. Wie gut Zeugnisse wirklich sind, ist im Einzelfall genau zu überprüfen. Geringfügig abweichende Formulierungen können einen großen Unterschied ausmachen, etwa ob jemand seine Aufgaben „stets zur vollsten“, „zur vollsten“ oder nur „zur vollen“ Zufriedenheit des Arbeitgebers erfüllt hat.
Im Zweifelfall empfiehlt es sich, Rücksprache mit dem Verfasser des Zeugnisses zu halten, denn ungünstige Formulierungen können versehentlich gewählt worden sein – und dennoch großen Schaden anrichten.
Bei Berufseinsteigern stammen Arbeitszeugnisse vor allem aus Praktika und Studentenjobs. „Viele junge Bewerber wissen offensichtlich nicht, dass man auch für Praktika ein qualifiziertes Zeugnis bekommen kann. Kein Zeugnis zu haben, ist aber ein Minuspunkt“, sagt Bonewitz. Am wichtigsten bei der Bewerbung sind jedoch – neben den vollständigen Unterlagen – der Lebenslauf und das Anschreiben, das nach Bonewitz' Erfahrung immer der Ausgangspunkt der Personalauswahl ist. Erst wenn das Anschreiben neugierig macht und Motivation und Qualifikationsschwerpunkte schlüssig erklärt, werden die Angaben anhand der Zeugnisse überprüft.