Heute wachsen vor allem Beratungsbereiche, die für die digitale Transformation stehen. Doch auch die Consultingbranche selbst durchläuft einen digitalen Wandel: Geschäftsmodelle und Prozesse in den Beratungsfirmen ändern sich. So tickt und klickt die Branche.
Alles, was digital ist, steht weltweit zur Verfügung und kann fast überall erzeugt werden. Die Digitalisierung wird die Globalisierung noch beschleunigen, sagt Hans-Werner Wurzel, Chef des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater BDU. Und er kennt auch die Folgen: Das führt zu noch höheren Anforderungen an die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Deutschland. Und natürlich auch zu neuen Aufträgen für Berater - besonders, wenn sie etwas von digitalen Projekten und Prozessen verstehen.
Durch die starke Nachfrage nach Unterstützung bei der digitalen Transformation ist der Umsatz der Consultingfirmen deutlich gestiegen. Die Branche legte 2015 laut BDU auf 27 Milliarden Euro zu. Das ist ein Plus von satten sieben Prozent - und spülte gut zwei Milliarden Euro mehr in der Kasse der Consultants.
In über 15.400 Consultingfirmen arbeiten heute 110.000 Berater. Davon sind mehr als 23.000 Juniorberater. Bei den Großen wie McKinsey, Boston Consulting, Roland Berger, Bain und Co. arbeiten alleine rund 35.000, davon 4.000 als Junior Consultants. Die gute Branchenkonjunktur bietet laut BDU "auch weiterhin gute Jobchancen im Consulting. Durch die Umsatzzuwächse und die optimistischen Aussichten verstärken viele Beratungen ihre Anstrengungen im Recruiting. Häufig gesucht sind Beratertalente, die neben strategischem Denken und analytischen Fähigkeiten auch Technologie-Verständnis mitbringen. Für die anstehenden Digital-Projekte benötigen Berater vor allem zwei Fähigkeiten in hohem Maße: einmal Kenntnisse und Verständnis von Daten und Analysen sowie zum zweiten das Talent, Menschen durch Veränderungsprozesse führen zu können.
Die Consultingfirmen haben ein hohes Interesse an Bewerbern, die erste Berufs- und Projekterfahrung mitbringen. Daneben setzen die Beratungen aber auch stark auf Absolventen, die mit frischen Ideen und unvoreingenommenen Denkmustern direkt von der Hochschule kommen, so die BDU-Experten. Das Ziel ist eine ausgewogene Mischung der Projektteams zusammenzustellen, die gleichzeitig die Bedürfnisse der Kunden sowie die Organisationsstrukturen und Gewinnmodelle der Beratungen berücksichtigt. Rund ein Viertel des Branchenumsatzes entfiel 2015 auf die Strategieberatung. Damit konnten die Consultingfirmen mit Strategieprojekten mehr als 6,5 Milliarden Euro umsetzen. Im Digital-Bereich Business Development & Innovation war das Wachstum mit neun Prozent besonders hoch.
Eine rege Beratungsnachfrage gab es auch im IT-Consulting, freut sich der Verband. Das Wachstum lag hier bei gut sieben Prozent. Bei einem Anteil von über zehn Prozent am Gesamtmarkt wurden mit IT-Beratung knapp sechs Milliarden Euro umgesetzt. Rund die Hälfte des Umsatzes entfiel dabei auf Projekte zur Erneuerung oder Optimierung von IT-Anwendungen und IT-Infrastruktur.
Die Themen Big Data, Smart Data und Cloud Computing stehen auf der Agenda vieler Unternehmen und sind damit eines der zentralen Betätigungsfelder für den digitalen Berater. Mit voraussagenden Analysen von großen Datenmengen lassen sich Geschäftsmodelle effizienter und zielführender planen und weiterentwickeln. Durch die Nutzung von besser ausgearbeiteten Algorithmen können die Firmen wiederum ihren Kunden maßgeschneiderte Angebote machen.
Parallel wächst für Unternehmen aller Branchen die Notwendigkeit, ihre IT-Systeme gegen Cyber-Kriminalität zu sichern. Gestohlene Daten könnten an Wettbewerber oder ausländische Dienste weitergereicht werden. Durch Hackerangriffe entstehen Gefahren für Produktionsstätten oder Versorgungsleitungen. Der Reputationsschaden kann immens sein. Die Consultants helfen dabei, Risiken in vernetzten Systemen zu erkennen, zu analysieren und Entscheidungen für den Einsatz geeigneter Technologie zur Risikovermeidung oder -minimierung zu treffen. Anschließend werden die neuen Systeme und Prozesse gemeinsam implementiert. Die Berater sind daher auch für 2016 optimistisch. Die Prognose von über 500 befragten Consultants ergibt rechnerisch ein Umsatzplus von 7,5 Prozent. Wird das erreicht, würde die Beraterbranche zum siebten Mal in Folge wachsen und in den Jahren von 2009 bis 2016 auf ein durchschnittliches jährliches Umsatzplus von 7,4 Prozent kommen. Das sind Wachstumsraten, von denen andere Branchen träumen.
Die kräftigsten Impulse erwarten die Consultants in der Organisations- und Prozessberatung und der IT-Beratung. Die Befragung zeigt, dass die Beratungsfelder profitieren, die eine tragende Rolle bei der digitalen Transformation übernehmen. So fallen laut Beraterverband die Wachstumsprognosen für Business Development & Innovation, Change-Management oder IT-Anwendungen und Infrastruktur besonders hoch aus.
Die Consultingbranche durchläuft aber auch selbst einen digitalen Wandel. Der überwiegende Teil der Berater geht davon aus, dass sich Beratungsportfolio, Geschäftsmodelle und Prozesse der Beratungsunternehmen durch die Digitalisierung stark ändern werden. Acht von zehn Consultingfirmen erwarten dabei auch eine engere, strategische Zusammenarbeit mit Software-Anbietern. So werden bei den Themen Daten, Analyse, Business Intelligence und Cloud neue Anbieter entstehen. Fakt ist, dass im Consultingmarkt bereits heute viele neue Aktivitäten zu sehen sind. Die Bandbreite reicht von eigenen Softwarelösungen und Datenanalyse-Tools über Gründungen von Marketing- und Kommunikationsagenturen bis zu Online-Portalen etwa für Logistiker oder Reedereien.
Als echte Top-Aufgabe bezeichnen die Branchenexperten das Recruiting von digitalen Beratertalenten. Die Zahlen bestätigen das: 71 Prozent der Unternehmensberatungen sagen, dass der Kampf um die digitalen Beratertalente in vollem Gange ist. Bei den großen Firmen, die für die meisten Neueinstellungen in der Branche sorgen, sind es sogar 92 Prozent. Praktisch alle sind hier auf der Suche nach dem neuen digitalen Berater. Knapp drei Viertel der Consultants sind der Meinung, dass besonders mittlere und kleinere Unternehmensberatungen unter Druck stehen, um qualifizierte Berater trotz fehlender Arbeitgebermarke zu gewinnen, so der BDU. Gerade mittelgroße Firmen bieten deshalb ihren Mitarbeitern verstärkt Teilzeitangebote, Sabbaticals oder wohnortnahe Projekteinsätze. Kurzum: Die Work-Life-Balance gewinnt - endlich - auch in der Consultingbranche an Bedeutung. Diese analoge Entwicklung freut auch den digitalen Berater.