Für viele Arbeitgeber scheint Unternehmenskultur nicht mehr als ein Modewort für ihre Hochglanzbroschüren zu sein. Gefährlich, denn immer mehr Bewerber und Einsteiger geben sich damit nicht zufrieden und fordern sie tatsächlich ein.
Wie schlecht es um die Unternehmenskultur in deutschen Firmen bestellt ist, zeigt sich an einer einzigen Zahl: 46 Prozent. Nicht einmal in jedem zweiten Unternehmen ist es üblich, dass sich Kollegen auf den Bürofluren und Werkshallen gegenseitig grüßen. Das hat die Personalberatung Rochus Mummert in einer Umfrage festgestellt.
Ein erschreckender Wert, an dem die Arbeitgeber dringend arbeiten sollten. Denn ohne ein respektvolles Miteinander können sie sich aufwändig erarbeitete Leitbilder und gut gemeinte Firmenevents zur Stärkung der Unternehmenskultur gleich ganz sparen. Schließlich lässt sie sich nicht vom Chef verordnen und wächst auch nicht von heute auf morgen. Unternehmenskultur ist so etwas wie die DNA eines Unternehmens - Werte, Ziele, Identifikation, das was man nicht greifen, aber spüren kann.
Dennis Blöcher, Leiter Personalmarketing der Andreas Stihl AG, drückt das so aus: "Die Unternehmenskultur ist kein theoretisches oder statisches Konstrukt, sondern eine lebendige Welt. Sie bildet die Basis für ein konstruktives, partnerschaftliches und ergebnisorientiertes Miteinander."
Bei Stihl scheint das zu funktionieren, denn für seine partnerschaftliche Unternehmenskultur ist das Familienunternehmen bereits ausgezeichnet worden.
Eine gute Unternehmenskultur ist kein Selbstzweck, sie kann gerade unter dem Aspekt des Fachkräftemangels über den Geschäftserfolg der Zukunft (mit)entscheiden. "Eine gemeinsame, von allen Beschäftigten gelebte Kultur trägt dazu bei, unerwünschte Mitarbeiterfluktuation zu verringern und die Motivation auf hohem Niveau zu halten", sagt Blöcher. Soll heißen: Gelebte Unternehmenskultur schafft motivierte Mitarbeiter und bewahrt vor Kündigungen und ständig neuer Mitarbeitersuche.
Die Arbeitgeber scheinen das endlich erkannt zu haben. Laut unserer Studie JobTrends Deutschland 2015 rechnen mehr als 90 Prozent von ihnen damit, dass Unternehmenskultur auch für das Recruiting und Employer Branding immer wichtiger wird. Im Ringen um Bewerber wird sie zum wichtigen Argument, weil sich immer mehr Nachwuchskräfte nicht mehr alleine von den Hochglanzbroschüren der Firmen blenden lassen.
Das zeigt sich auch daran, dass Absolventen Berufseinsteiger das Thema Unternehmenskultur in Bewerbungsgesprächen immer offensiver ansprechen. Besonders wichtig scheinen ihnen dabei der Kollegenzusammenhalt (77 Prozent) und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf (71 Prozent) zu sein. Die Unternehmensvision interessiert nur gut ein Drittel aller Bewerber.
Dennis Blöcher sieht in der Beschreibung der festgelegten Werte einen ersten Anhaltspunkt, ob Unternehmen und Bewerber zusammenpassen. „Neben der Unternehmenskultur spielen natürlich auch Vorgesetzte, Kollegen und interessante Aufgaben eine wichtige Rolle“, sagt er. Für ihn kommt es im Verlauf des gegenseitigen Auswahlprozesses daher darauf an, Aufgaben und Verantwortung möglichst realistisch zu beschreiben und Einblick in das konkrete Arbeitsumfeld zu ermöglichen. „Letztlich geht es darum, die richtigen Erwartungen zu wecken und diese dann auch zu erfüllen.“
Einen Feel Good Manager - so etwas wie den Stimmungsbeauftragten im Unternehmen - können sich Arbeitgeber dann wohl sparen. Die meisten Firmen halten ohnehin nichts von dieser neuartigen Position. Denn nur vier von 100 Unternehmen wollen laut JobTrends-Studie einen Feel Good Manager installieren.