Achten Personaler wirklich darauf, wo du studiert hast? Hartnäckig hält sich das Gerücht, der Ruf der Hochschule entscheide über den späteren Job. Ob es tatsächlich stimmt: Wir haben nachgeforscht.
Lebenslaufoptimierer überlassen nichts dem Zufall. Noten, Dauer des Studiums, soziales Engagement – sie planen einfach alles. Auch das Renommee der Universität muss stimmen, denn jeder weiß doch: An die Traumjobs kommt niemand nur mit dem Jahrgangsbestenabschluss einer Wald- und Wiesen-Hochschule. Die zahlreichen Hochschul-Rankings befeuern diesen Mythos noch. Sie suggerieren: Nur wer an einer Top-Hochschule studiert, erhält eine gute Ausbildung und erhöht so die Chancen auf den Traumjob.
Die Fakten sprechen zunächst aber einmal eine andere Sprache. Ein Blick in unsere Studie JobTrends Deutschland 2016 zeigt: Im Schnitt ist nur für acht von hundert Arbeitgebern der gute Ruf einer Hochschule besonders relevant. Die gewählten Schwerpunkte im Studium eines Bewerbers, die Examensnote und die Studiendauer sind ihnen wichtiger. Warum wird dem Renommee der Hochschule dennoch so viel Wert beigemessen?
Zum größten Teil sorgen die Universitäten selbst für diese Wahrnehmung. „Den Hochschulen ist ihr Leitbild wichtig. Das ist natürlich ein Stück Image“, sagt Absolventenforscher Kolja Briedis von Hochschul-Informations-Systeme (HIS) ;„Jeder sagt: Wir haben die Besten.“ Um positiv aufzufallen, werben die Hochschulen mit ihren erfolgreichsten Absolventen. „Es ist völlig legitim, wenn etwa die Uni Göttingen ihren Nobelpreisträger ins Licht der Öffentlichkeit rückt“, so Briedis. „Aber das ist eben nicht die breite Masse.“
Vom guten Ruf zehren nicht nur Hochschulen, auch Top-Arbeitgeber wie Dax-Konzerne, große Unternehmensberatungen und Wirtschaftskanzleien profitieren von der eigenen Markenbekanntheit. Deshalb erhalten sie trotz Fachkräftemangels immer noch extrem viele Bewerbungen – und müssen daher sieben. Da kann dann auch mal das Renommee der Universität zu einem Auswahlkriterium werden.
Stefanie Galdia, zuständig für Hochschulmarketing und Praktikanten-Recruiting bei Roland Berger Strategy Consultants, hält den Namen der Hochschule allein allerdings für wenig entscheidend: „Wenn ich eine Bewerbung lese, registriere ich zwangsläufig, welche Hochschule der Absolvent besucht hat. Aber danach wird niemand beurteilt.“ Vielmehr geht es neben Fachwissen vor allem um Soft Skills. „Zusätzlich zu Fachgesprächen führen wir mit allen Bewerbern reine Persönlichkeitsinterviews.“
Viel entscheidender ist: Die Unternehmen setzen beim Hochschulmarketing auf Zielhochschulen. Das sind die Hochschulen, die ihrer Erfahrung nach die besten Absolventen hervorbringen. Direkt auf dem Campus veranstalten sie Karriere-Lunches, geben Präsentationen oder lernen Studenten bei anderen Recruiting-Events oder Firmenkontaktmessen kennen.
Die Wahrscheinlichkeit, mit einem potenziellen Arbeitgeber schon während des Studiums in Kontakt zu kommen, ist also wesentlich größer. Das ist sicherlich ein Vorteil bei der Suche nach dem Traumjob.
Ist der Kontakt der Hochschule, der Institute und der Professoren zur Wirtschaft gut, profitieren auch die Studenten. Vermittlungen für Praktika und Förderungen für Master- oder Bachelor-Arbeiten können Türöffner für den ersten Job sein.
Der Kontakt zwischen den Hochschulen und Unternehmen intensiviert sich zusehends. Gerade private Hochschulen gelten schon lange als besonders Erfolg versprechend für den Führungsnachwuchs. Die WHU Otto Beisheim School of Management in Vallendar und die Mannheim Business School etwa gehören zu diesem erlesenen Kreis. Unternehmen als Förderer und Stifter der Schulen kooperieren eng und rekrutieren die abschlussnahen Studenten direkt vom Campus weg, rein in die Führungsetagen. Ein exklusiver Service, den Absolventen von weniger bekannten Hochschulen nicht in Anspruch nehmen können.
Seit 2005 gibt es die Exzellenzinitative, die ausgewählte Hochschulen fördert. Dazu gehören etwa die RWTH Aachen, die TU Karlsruhe und die LMU München. Viele andere aber nicht. Vom damit aufkommenden Schreckgespenst Elite sollte sich allerdings niemand in die Schranken weisen lassen. Die Auszeichnung ist vor allem ein Vehikel zur Geldbeschaffung.
Auch Absolventenforscher Briedis rät zur Besonnenheit: „Die Folgen dieses Prozesses, wenn es sie denn gibt, bekommen wir frühestens in dreißig, vierzig Jahren zu spüren. Der Elite-Gedanke zielt ja vor allem auf die Qualität der Forschung ab, nicht auf die der Lehre.“ Und auch für die Unternehmen ist sie Nebensache. „Eine Exzellenzinitiative macht für das Recruiting kaum einen Unterschied“, so Berger-Personalerin Galdia. „Die bei uns eingehenden Bewerbungen etwa waren schon vorher von hoher Qualität.“
Wer also gezielt bei einem großen Unternehmen einsteigen will, dem kann die Wahl der richtigen Hochschule in einzelnen Fällen einen Startvorteil bringen. Kann. Denn Bewerber punkten immer noch mit Persönlichkeit, Engagement, Praktika, Auslandssemestern und den passenden Zusatzqualifikationen.