Leistungsdruck und Versagensängste kennt fast jeder. Was hilft dagegen? Angstexperte Rainer Holm-Hadulla spricht im Interview über gute und schlechte Angst – und erklärt, wie man am besten mit ihr umgeht.
Zunächst einmal: Angstsituationen lassen sich nicht immer vermeiden. Insofern kann und muss man üben, schwierige Situationen zu bewältigen. Das Erlebnis, dass ich etwas gegen meine Ängste tun kann und schwierige Situationen erfolgreich überstehe, wirkt angstmindernd. Wir brauchen diese positiven Erfahrungen und auch wohlwollende Begleiter, um im Privatleben und Job einigermaßen angstfrei zurechtzukommen;
Ja, aber der Leistungsdruck ist nur einer von vielen Gründen für Versagensängste. Wichtiger ist, ob die Arbeit anerkannt wird, sowohl von mir selbst als auch von anderen. Dazu gehört, dass man seine Arbeit als sinnvoll erlebt und das Gefühl hat, eigenverantwortlich etwas zu leisten. Es ist also keine Frage der Quantität, sondern der Qualität.
Oh, nicht nur sehr gute Studenten oder erfolgreiche Absolventen, sondern auch angesehene Hochschullehrer und ausgezeichnete Wissenschaftler haben Versagensängste. Eine unterschwellige Angstbereitschaft kann aber auch Energien freisetzen und Leistungen verbessern, wenn sie nicht zu stark ist. Nicht alle Ängste schaden uns also.
Blockierende Versagensängste bekämpft man am besten durch optimale Vorbereitung. Souveränes Wissen ist immer noch der beste Weg, um Versagensängste zu bewältigen. Und es ist wichtig, Prüfungssituationen zu trainieren, die man mit Kommilitonen durchspielen kann. Die Unterstützung durch Freunde sollten wir nicht unterschätzen. Wir sollten uns nach Möglichkeit um positive Erfahrungen bemühen, denn sie reduzieren Versagensängste.
Mit dem Grundaffekt der Angst muss natürlich jeder Mensch lernen umzugehen. Gelinde Ängste können die Leistung steigern, ausgeprägte Ängste können blockieren. Sie können so heftig sein, dass sie zu starken körperlichen Reaktionen, wie Händezittern, Schweißausbrüchen oder psychomotorischer Unruhe führen. Dann beeinträchtigen sie die Leistungen erheblich.
Da ist es notwendig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Die psychosozialen Beratungsstellen der Studentenwerke und Hochschulen sind gute Anlaufstationen dafür. Hier kann man sich in einem vertrauensvollen und kostenfreien Gespräch die Hintergründe der Ängste anschauen und Bewältigungsstrategien entwickeln.
Durch das Bachelor-Master-System mit seinen sehr frühen Prüfungen zeigen sich die Prüfungsängste wesentlich früher. Das hat aber auch Vorteile: Studenten sind heute viel eher bereit, professionelle Hilfe zu suchen und an ihren Ängsten schon zu Beginn des Studiums zu arbeiten. Sie warten nicht erst bis sie später in den Abschlussexamina scheitern.