Referendariat – Examensvorbereitung in der Anwaltsstation

Im Referendariat lernen Jura-Absolventen nicht nur die Berufspraxis kennen. Sie müssen die Zeit auch zum Lernen nutzen, schließlich wartet am Ende das zweite Staatsexamen. Immer mehr Kanzleien bieten deshalb unterschiedliche Möglichkeiten zur Examensvorbereitung an.

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Wie wähle ich die passende Kanzlei für meine Anwaltsstation aus? Vor dieser Frage steht wohl jeder Referendar irgendwann. Viele wählen die letzte Station vor dem zweiten Staatsexamen danach aus, in welcher Kanzlei sie möglichst selten erscheinen müssen und damit viel Zeit zum Lernen haben. Das sogenannte Tauchen ist inzwischen bei den meisten Referendaren gang und gäbe. Schließlich entscheidet die Abschlussnote im zweiten Examen darüber, welche Karrierewege einem Juristen offen stehen. Was du bei aller Konzentration auf die Note jedoch nicht unterschätzen solltest: Das Training on the Job sollte in der Anwaltsstation nicht zu kurz kommen – zumindest wenn du später in einer Kanzlei arbeiten möchtest. Im Idealfall bieten Kanzleien ihren Referendaren deshalb beides: Praxiserfahrung und theoretische Examensvorbereitung. 

Wie finde ich die passende Kanzlei für meine Anwaltsstation?

Für Martin Krings spielten bei der Suche nach einer Kanzlei für die Anwaltsstation noch andere Kriterien eine Rolle. Er schaute sich eine Reihe von Kanzleibewertungen an und blieb beim Profil von Osborne Clarke hängen: „Osborne Clarke wurde als internationale Wirtschaftskanzlei vorgestellt, in der Referendare richtig mitarbeiten und viel lernen können. Außerdem wurde oft die lockere Arbeitsatmosphäre gelobt.  Das hat mich schließlich überzeugt, weil mir diese Faktoren wichtig sind.“ Er wurde nicht enttäuscht. Sowohl die Atmosphäre als auch die Vielfalt der Aufgaben – von der Erstellung einfacher Memos über die Mitarbeit an größeren Schriftsätzen bis zur Unterstützung bei Vertragsangelegenheiten verschiedener Mandaten – haben ihn überzeugt: „Inhaltlich habe ich viel gelernt, auch weil sich viele Leute die Zeit genommen haben, Sachen zu erklären. Davon konnte ich auch in der Wahlstation noch profitieren. Zudem war ich von Anfang an voll eingebunden.“ Entschieden, welchen Weg er nach dem zweiten Staatsexamen einschlagen wird, hat Martin noch nicht. Nach seiner Zeit bei Osborne Clarke in Köln hat es den 31-Jährigen nach Berlin verschlagen: In seiner Wahlstation bei Ebay lernt er gerade die Arbeit eines Syndikus in einem modernen Tech-Unternehmen kennen. Ob es ihn danach wieder in die Großkanzlei ziehen wird? Wer weiß, Spaß gemacht haben ihm beide Stationen gleichermaßen!

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Was macht eine Kanzlei für Referendare attraktiv?

Immer mehr ehemalige Referendare kehren später als Associates zu einer Kanzlei zurück. Der Vorteil liegt auf der Hand – für beide Seiten: Die Partner können davon ausgehen, dass es keine bösen Überraschungen mit dem neuen Associate geben wird. Schließlich kennt man sich ja schon

und kann gut miteinander arbeiten. Und auch für ehemalige Referendare lohnt die Anstellung in einer bereits bekannten Kanzlei: Sie kennen Kollegen, Partner, Spezialgebiete und oft auch schon die wichtigsten Mandanten. Zudem konnten sie sich bereits eine Vorstellung davon machen, wie ihre Fortbildungsmöglichkeiten und Karriereperspektiven aussehen.

Um für vielversprechende Nachwuchsjuristen attraktiv zu sein und sie bereits als Referendare für sich zu gewinnen, lassen sich vor allem Großkanzleien inzwischen einiges einfallen. Neben der Mandatsarbeit und der Möglichkeit, internationale Erfahrungen zu sammeln, bieten sie ihren Referendaren Kurse zur Examensvorbereitung an. Denn auch der spannendste M&A-Deal oder die perfekt durchgeführte Due-Diligence-Prüfung hilft im Examen wenig, wenn es dort um andere Dinge des Zivilrechts geht und Straf- und Öffentliches Recht hinzukommen. Kanzleien, die ihren Referendaren neben dem Praxistraining genug Zeit und attraktive Lernangebote bieten, können so als attraktive Arbeitgeber punkten.

„Bei der Auswahl der Aufgaben, die an mich übertragen wurden, wurde auch darauf geachtet, dass sie einen Bezug zum Examen hatten. Alleine das Erstellen und Bearbeiten von Schriftsätzen war schon sehr hilfreich“, berichtet Referendar Martin von seiner Anwaltsstation in der Großkanzlei. Neben dem Training on the Job blieb ihm genug Zeit zum Lernen. Und bei der Arbeit genoss er die Abwechslung vom Lernalltag. „Weg von der Theorie und nur mäßig geliebten Rechtsgebieten, hin zur praktischen Anwendung und dem echten Leben“, beschreibt er seine Berufspraxis bei Osborne Clarke.

Kooperationen mit externen Repetitoren

Ob kurzes oder langes Tauchen, intensives Lernen bereits in der Zivilrechts- oder Verwaltungsstation und reine Wiederholung in den letzten drei Monaten vorm Examen: Um Klausurenkurse oder ein Repetitorium kommt kein Referendar herum. Praktisch, wenn diese Prüfungsvorbereitungen bereits in die Anwaltsstation integriert sind. So bietet zum Beispiel Latham & Watkins Examensvorbereitungskurse in Kooperation mit Kaiserseminare und ermöglicht auch die Teilnahme am Kleingruppenkurs des Repetitoriums Jura Intensiv. Auch die internationale Großkanzlei Hogan Lovells hat einen Klausurenkurs im Programm. Ihre Referendare können sich bei Alpmann Schmidt auf ihr zweites Staatsexamen vorbereiten.

Interne Referendar-Akademien und Repetitorien

Auch die Ausbildung bei der Wirtschaftskanzlei FPS gilt als gut: Referendare werden von Anfang an in die Mandatsarbeit eingebunden und dabei von einem Mentor betreut. Neben dem Training on the Job erhalten sie eine intensive Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen und können sich durch interne wie externe Vorträge und Workshops fachlich weiterbilden. Am Frankfurter Standort gibt es eine eigene Referendar-AG, die von einem ehemaligen Richter und langjährigen Prüfer geleitet wird. Dort werden die aktuelle Rechtsprechung und examensrelevante Themen besprochen. Durch Aktenvorträge können sich die Referendare auf die mündliche Prüfung vorbereiten.

Wer sein Referendariat bei Shearman & Sterling absolviert, besucht ebenfalls ein kanzleiinternes Repetitorium: Ein ehemaliger Associate, jetzt Richter und Leiter von Referendar-AGs, macht die Referendare durch Aktenvorträge und die Bearbeitung von Originalklausuren fit fürs Examen. Daneben kooperiert die Kanzlei mit Kaiser Seminare, an dessen Klausurenkurs die Nachwuchsjuristen teilnehmen können.

Auch kleinere Kanzleien können mithalten

Die im Vergleich mit den internationalen Großkanzleien kleine Sozietät Oppenhoff & Partner wurde 2016 für ihre Förderung von Praktikanten und Referendaren sogar ausgezeichnet. Hier können Referendare nicht nur ein Soft-Skills-Training, einen BWL- und einen Legal-English-Kurs besuchen. In Zusammenarbeit mit der Universität Köln bietet Oppenhoff Seminare zur gesellschaftsrechtlichen Kautelarklausur, zur Schriftsatz- und Vertragsgestaltung sowie ein Aktenvortragstraining an. BGB-Vorträge und ein Moot Court sind ebenfalls Teil des Programms. Wer bei Oppenhoff & Partner ins Referendariat geht, kann mit den Partnern absprechen, an wie vielen Tagen er in die Kanzlei kommt. Um den Nachwuchsjuristen ausreichend Zeit für die Examensvorbereitung zu lassen, setzt man auf individuelle Absprachen. Je nach Bedarf sind zwei bis vier Tage Anwesenheit in der Woche üblich.

Freie Seminarauswahl in der Großkanzlei

Eine große Auswahl an Anbietern haben Referendare bei Allen & Overy: Die Kanzlei bietet ihnen die Auswahl zwischen drei Repetitorien. Sie können Veranstaltungen bei Alpmann Schmidt, Jura Intensiv oder Kaiserseminare besuchen und erhalten dazu aktuelle Skripte und Klausuren. Ergänzt wird dieses Rundum-Sorglos-Paket durch Inhouse-Seminare, in denen die Referendare in kleinen Gruppen auf das Examen in allen drei Rechtsgebieten vorbereitet werden.

Ob ein bestimmtes Angebot zur Examensvorbereitung für dich geeignet ist, kannst du letzten Endes nur selbst entscheiden. Wer gut in seiner AG und am heimischen Schreibtisch lernen kann, verzichtet vielleicht  lieber auf zusätzliche Seminare und nutzt die Zeit in der Kanzlei für mehr Praxistraining. Wichtig ist nur, dass du dir frühzeitig überlegst, welcher Lerntyp du bist und wie viel Zeit du für die Examensvorbereitung brauchst. Viel hängt dabei natürlich auch vom Leiter der Arbeitsgemeinschaft und vom jeweiligen Ausbilder ab. „Von genug Lernzeit kann man wohl nie so richtig im Referendariat sprechen“, resümiert Martin seine bisherigen Erfahrungen. „Doch es kommt auch darauf an, was man draus macht – und schlussendlich muss jeder den Stoff auf seine Art selber lernen.“

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