Dass Big Business und Gemeinnützigkeit sich nicht zwangsläufig ausschließen, beweisen zahlreiche Kanzleien, die ihre Arbeitskraft sozialen Zwecken zur Verfügung stellen.
Pro bono publico: Die Idee, dass sich Juristen ganz ohne finanziellen Ausgleich für das Wohl der Öffentlichkeit einsetzen, kommt aus den USA. Hier gehört es schon seit Jahrzehnten zum guten Ton, dass Unternehmen sich karitativ engagieren. Viele große Anwaltsfirmen, aber auch kleinere Kanzleien haben es sich auf die Fahnen geschrieben, gemeinnützigen Organisationen, Stiftungen oder Einzelpersonen, die sich eine juristische Beratung nicht leisten können, kostenlos zu ihrem Recht zu verhelfen.
In den USA ist diese Art der kostenlosen Rechtsberatung enorm wichtig. Denn das amerikanische Rechtssystem ist sehr kompliziert und für Nicht-Juristen nahezu undurchschaubar. Außerdem ist eine staatliche Unterstützung für mittellose Rechtssuchende in Amerika kaum gegeben. In einigen Staaten gibt es sogar eine Pro-bono-Verpflichtung für jeden Anwalt. Zu den Mitgliedern des 1996 gegründeten „Pro Bono Institute“ zählen inzwischen rund 150 namhafte amerikanische Großkanzleien, die sich der gemeinnützigen Arbeit verschrieben haben. Ihre Anwälte stellen im Schnitt rund 60 Arbeitsstunden im Jahr pro bono zur Verfügung.
Neben dem guten Gefühl, sich uneigennützig für andere stark zu machen, dient die Pro-bono-Arbeit häufig auch der Image-Pflege. Frei nach dem Motto: Tue Gutes und Rede darüber. Denn gar nicht so selten erregen Pro-bono-Mandate internationales Aufsehen. Öffentliche Auszeichnungen fördern das Ansehen der pro bono tätigen Kanzleien genauso wie die jährlich von der Fachzeitschrift „The American Lawyer“ veröffentlichten Ranking-Listen, in denen auch Pro-bono-Arbeit bewertet wird. Denn so mancher Mandant zählt bei der Kanzleiwahl nicht nur auf die Expertise der Juristen, sondern zeigt sich beeindruckt von der sozialen Ader der Kanzlei. Das ehrenamtliche Engagement einer Kanzlei ist als Marketing-Instrument aber nicht nur für die Mandanten interessant: Auch der umkämpfte juristische Elite-Nachwuchs sucht sich seinen künftigen Arbeitgeber oft danach aus, ob er soziale Verantwortung zeigt. Auch hier können Kanzleien mit ihrem Engagement punkten.
In Deutschland ist die ehrenamtliche juristische Tätigkeit noch nicht so verbreitet wie in den USA. Hierzulande gibt es eine Beratungs- und Prozesskostenhilfe, mit der der Gesetzgeber sozial Schwache unterstützt. Doch mittlerweile sind hier inzwischen auch viele Anwälte, vor allem internationaler Großkanzleien, aber auch mittelständischer Anwaltsbüros, ehrenamtlich tätig. Neben der reinen rechtsberatenden Tätigkeit betätigen sie sich als Sponsoren, unterstützen Entwicklungshilfeprojekte oder engagieren sich für die juristische Ausbildung. In Deutschland bündelt der Verein Pro Bono Deutschland seit 2011 das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Kanzleien. Von Allen & Overy bis Winheller sind rund 40 Kanzleien unterschiedlicher Größe mit dabei.
Juristen gelten allgemein als Workaholics, die ihre knapp bemessene Zeit nicht verschwenden, sondern wichtigen und profitablen juristischen Fällen widmen. Wie passt das aber mit ehrenamtlichem Engagement zusammen? Einige Kanzleien überbrücken den scheinbaren Gegensatz damit, dass sie die pro bono geleisteten Stunden als normale Arbeitsstunden vergüten. In anderen wird das Engagement nur teilweise vergütet – etwa über ein Bonus-System. In manchen Kanzleien sieht man die gemeinnützige Arbeit hingegen als reine Privatsache an.
Doch auch hier finden sich immer wieder engagierte Idealisten, die bereit sind, ihr Wissen und Können ganz ohne finanzielle Entschädigung zur Verfügung zu stellen.
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